Gespräche mit der Ukraine: Wer ist Wladimir Medinski – der Mann, der Putin in Istanbul vertritt?

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Putin schickt Wladimir Medinski zum Treffen mit der Ukraine. Der Berater hat politisch kaum Gewicht, sein Einfluss auf Putin und die Jugend ist dennoch nicht zu unterschätzen.

Kommt er oder kommt er nicht? Tagelang wurde gerätselt, ob Russlands Präsident Wladimir Putin persönlich an den Gesprächen mit der Ukraine in Istanbul teilnehmen würde. Letztendlich bleibt Putin dem Treffen fern, er schickt eine vierköpfige Delegation in die Türkei. Geleitet wird sie von Wladimir Medinski.

Der 54-Jährige ist in dieser Hinsicht kein unbeschriebenes Blatt. Bereits 2022 leitete er die Friedensverhandlungen zwischen Russland und der Ukraine, die damals – ebenfalls in der Türkei – scheiterten. Es waren die letzten Gespräche zwischen den beiden Kriegsparteien bis zu dem jetzigen Zusammenkommen in Istanbul. Damals wie heute stellt sich die Frage: Was kann (und soll) der Berater von Putin überhaupt bewirken?

Wladimir Medinski gilt als politisches Leichtgewicht

Medinski führt zwar die mehrköpfige russische Delegation an, gilt aber allgemein als politisches Leichtgewicht. Beobachter sahen seine Rolle schon 2022 als Indiz dafür an, dass Russland wenig am erfolgreichen Ausgang der Gespräche gelegen sein könnte. Auch jetzt bezeichnete der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj die russische Delegation als "dekorativ", als "Attrappe" und "Täuschungsmanöver" – und ließ sogar offen, ob die Ukraine unter diesen Umständen überhaupt Gespräche mit den russischen Vertretern aufnehmen würde. Die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, betonte, dass die Delegation "zu ernsthafter Arbeit bereit" sei.

Doch weder zählt Medinski zum engsten Kreis des russischen Präsidenten, noch gehörten die Ukraine, Militär oder Diplomatie bislang zu den Feldern seiner politischen Arbeit. Trotzdem schickt Putin ihn und nicht etwa erfahrene Diplomaten wie Außenminister Lawrow oder seinen außenpolitischen Berater Juri Uschakow zu den Gesprächen.

Die Verhandlungen vor drei Jahren sollen schon weit fortgeschritten gewesen sein, blieben aber dennoch ohne Ergebnis. Laut einer Recherche der "New York Times" scheiterten die Gespräche vor allem an den Sicherheitsgarantien für die Ukraine. Eine Reihe von Garantiestaaten (u.a. USA, China, Deutschland) sollten der Ukraine im Falle eines erneuten Angriffs beistehen. Russland gehörte ebenfalls zu dem Kreis. Die Russen sollen jedoch Einstimmigkeit in einem solchen Fall gefordert haben – sie hätten also bei einer eigenen erneuten Invasion die Verteidigung der Ukraine verhindern können.

Ideologe und Cheferzieher der Jugend

Bis auf die Friedensverhandlungen vor drei Jahren ist Medinski bisher vor allem als ehemaliger Kulturminister aufgefallen. Fast acht Jahre lang (2012-2020) hatte er das Amt inne und brachte den Kulturbetrieb im Land auf Linie. Medinski gilt als ultrakonservativ, sein besonderes Augenmerk gilt der Verklärung der russischen Geschichte.

So ist er Autor mehrerer historischer Sachbücher, die russische Propaganda verbreiten. Unter anderem war er auch an einem Geschichtsbuch beteiligt, das in allen elften Klassen Unterrichtsstoff ist. Diktator Stalin, dessen Schreckensherrschaft Millionen Menschen zum Opfer fielen, wird darin als weise und effektiv beschrieben, seine Verbrechen entschuldigt. Für den Untergang der Sowjetunion wird nahezu komplett Michail Gorbatschow verantwortlich gemacht.

Und natürlich widmet sich auch ein ausführliches Kapitel dem Ukraine-Krieg. Der wird nur als "spezielle Militäroperation SMO" betitelt. Der Westen habe Russland destabilisieren wollen, die Ukraine sei von Neonazis durchsetzt, lesen die Schülerinnen und Schüler dort. Nicht zuletzt deshalb ist Medinski in Russland als Ideologe und Cheferzieher bekannt. Wissenschaftlichen Fakten halten seine Arbeiten nicht stand.

Putins "historischer Ghostwriter"

Mit seinem Geschichtsrevisionismus beeinflusst er nicht nur die junge Generation, sondern findet auch bei Wladimir Putin Gehör. Medinski, selbst in der Ukraine geboren, gilt als "historischer Ghostwriter" des Präsidenten, schreibt die "New York Times". Aus Putins Ideen erarbeiten der gelernte PR-Fachmann und seine Mitarbeitenden demnach Essays, die wiederum Putin unter seinem Namen veröffentlicht oder in Reden nutzt. Medenski selbst bezeichnet Putin als "ein absolutes Genie der gegenwärtigen Realpolitik".

Quellen: "Spiegel", "New York Times I", "Tagesschau", "Foreign Affairs", "New York Times II"