Inside Kaufland: Nach Enthüllungen: Kaufland verspricht halbe Milliarde Euro Investment pro Jahr

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Kaufland zieht Konsequenzen aus den Enthüllungen von stern und RTL: Das Unternehmen kündigt einen "5-Punkte-Plan" an. 

Die Supermarktkette Kaufland reagiert mit einem "Fünf-Punkte-Plan" auf die Recherchen von stern und RTL, die teils schwere Missstände und Hygienemängel in dutzenden Filialen aufdeckten. 

Erstens werde Kaufland jedes Jahr eine halbe Milliarde Euro in neue Kühlmöbel investieren, hieß es in einer Mitteilung vom Freitagnachmittag. Für wie viele Jahre dieses Investment gelten soll, schrieb das Unternehmen nicht. 

Zweitens werde jede Filiale in Deutschland in den kommenden Wochen "noch einmal umfassend grundgereinigt".

Drittens werde man "auf die Expertise unabhängiger externer Institute" zurückgreifen, um Mitarbeiter weiter im Bereich "Frische und Hygiene" zu schulen. Es seien "qualifizierte Frischetrainer im Einsatz", die speziell für den Thekenbereich ausgebildet worden seien.

Wie der stern bereits berichtete, wird nach Angaben von Kaufland die Filiale in Homburg vorübergehend geschlossen. Das Unternehmen präzisierte diese Meldung: Der Markt werde innerhalb der kommenden sechs Monate saniert, dies aber nicht wie geplant im laufenden Betrieb. Kaufland investiere hierfür einen "zweistelligen Millionenbetrag".

Der letzte Punkt: Ein neues Führungsteam in Bad Tölz. Der Markt werde zudem eine ganze Woche lang geschlossen. Bereits in den vergangenen Wochen seien "umfassende Maßnahmen" ergriffen worden, "um sicherzustellen, dass die strengen Hygienevorgaben jederzeit eingehalten werden". 

Ein Rechercheteam von stern und RTL hatte deutschlandweit 50 Filialen von Kaufland untersucht, einer der größten Supermarktketten des Landes. In 48 davon fand es teils schwere Missstände vor: Mäusekot in einer Backwarenabteilung und Fäkalkeime auf Hähnchenfleisch, Schimmel an Käse und in Kühlregalen. Angestellte berichteten, überlastet zu sein – und ein Arbeitsklima der Angst zu empfinden. Am Ende, so erzählten sie, zähle vor allem der Umsatz. In der Filiale in Bad Tölz enthüllte das Rechercheteam unter anderem Tricksereien mit Mindesthaltbarkeitsdaten, in der Filiale in Homburg starken Mäusebefall. 

Kündigungen und Krisensitzungen

Kaufland hatte gegenüber stern und RTL mitgeteilt, man nehme die Hinweise aus den Recherchen ernst und gehe diesen nach, einige der beschriebenen Mängel entsprächen "definitiv nicht unseren Vorgaben". Die Qualität der Produkte und der Schutz der Kunden, schrieb eine Sprecherin, hätten "für uns oberste Priorität". Auch das Arbeitsklima für die Mitarbeiter sei dem Unternehmen wichtig.

Noch am Donnerstag, dem Tag der Veröffentlichung, zog Kaufland erste Konsequenzen: Die Leiter der Filialen im oberbayerischen Bad Tölz und im saarländischen Homburg wurden ausgetauscht. Das bestätigte Kaufland gegenüber der DPA. Nach Informationen von stern und RTL wurden beide Filialen vorübergehend geschlossen, in Bad Tölz sollen zudem weitere Personen in Leitungspositionen freigestellt worden sein. 

Kaufland-Chef Jochen Kratz bestätigte die Schließungen am Freitag in einem Interview mit der "Bild". Der Markt in Homburg werde demnach erst wieder in fünf bis sechs Monaten öffnen, nachdem die bereits laufenden Modernisierungsarbeiten abgeschlossen seien. In Bad Tölz seien "personelle Konsequenzen gezogen" worden, "bis hin zur Geschäftsführung". Die Filiale bleibe für eine Woche geschlossen, um sicherzustellen, dass alle Abläufe gründlich überprüft werden, so Kratz gegenüber der Zeitung. 

Mitarbeiter berichten: "Der ganze Laden wird auf links gedreht"

Unterdessen sollen Führungskräfte in die Zentrale nach Neckarsulm bestellt und in Gesprächen dazu aufgefordert worden sein, mehr auf die Einhaltung von Hygienemaßnahmen zu achten. Eine Anfrage dazu ließ Kaufland unbeantwortet.

Aus Gewerkschaftskreisen heißt es, dass die Mitarbeitenden nun zu "Putzorgien" beordert würden, eine "Reinigungswut in allen Filialen" ausbräche. Dies geschah demnach schon vor Veröffentlichung der Recherche; womöglich, nachdem das Rechercheteam Kaufland mit den Missständen konfrontiert hatte. In internen Chatgruppen, in die stern und RTL Einsicht haben, beschwerten sich Mitarbeiter darüber, Putzen gehöre nicht zu ihren Aufgaben. Auch auf eine Anfrage hierzu äußerte sich Kaufland bisher nicht.