Kaum Infrastruktur vorhanden: Polen will "technische Wege" für Grenzkontrollen

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An den deutschen Grenzen wird seit gestern stärker kontrolliert, wie vom neuen Bundesinnenminister angeordnet. Vor allem in Polen sorgt das für Skepsis. Außenminister Sikorski spricht von "großen Unannehmlichkeiten" für die Bevölkerung.

Angesichts der von der neuen Bundesregierung angeordneten schärferen Kontrollen an den deutschen Grenzen hat Polen vor einer Störung des Grenzverkehrs gewarnt. Er habe wegen des "heißen Themas" Migration Verständnis für die deutsche Politik, sagte der polnische Außenminister Radoslaw Sikorski nach dem Treffen der EU-Außenminister in Warschau. Es müssten aber "technische Wege" gefunden werden, "um die Unannehmlichkeiten für die Anwohner zu minimieren", forderte er.

"Die Existenz einer nahtlosen Grenze ist für die Menschen auf beiden Seiten der deutsch-polnischen Grenze zu einer Selbstverständlichkeit geworden", argumentierte Sikorski. Es existiere kaum Infrastruktur für Grenzkontrollen, sagte er. Die Kontrollen auf den Hauptverkehrsstraßen seien mit "großen Unannehmlichkeiten" für die Menschen vor Ort verbunden. Sikorski nannte die polnische Grenze zu Belarus als Beispiel.

Der neue Bundesinnenminister Alexander Dobrindt hatte als eine seiner ersten Amtshandlungen verschärfte Grenzkontrollen angekündigt, um die Flüchtlingszahlen zu senken. Dazu sollen mehr Bundespolizisten an den deutschen Grenzen stationiert und fortan auch Asylbewerber zurückgewiesen werden. Eine gegenteilige Weisung aus dem Jahr 2015 wird zurückgenommen. In Regierungskreisen wurde auf Artikel 18 des Asylgesetzes verwiesen, in dem es heißt: "Dem Ausländer ist die Einreise zu verweigern, wenn er aus einem sicheren Drittstaat einreist."

Wadephul versucht. Wogen zu glätten

Die deutschen Pläne haben vor allem in den Nachbarländern Polen, Tschechien und Österreich für Unmut gesorgt. Auch aus der Schweiz kam Kritik. Der polnische Ministerpräsident Donald Tusk hatte am Mittwoch bei einem Treffen mit Bundeskanzler Friedrich Merz argumentiert, es sei im Interesse Deutschlands und Polens, den "freien Durchgang" zwischen den Ländern aufrechtzuerhalten. Die österreichische Außenministerin Beate Meinl-Reisinger wies in Warschau darauf hin, dass beim Thema Grenzkontrollen europäisches Recht zu beachten sei.

Der neue deutsche Außenminister Johann Wadephul hat nach Gesprächen mit Sikorski versichert, dass Deutschland eine Verschärfung der Migrationspolitik nicht gegen den Willen des Nachbarlands Polen durchsetzen werde. Deutschland werde "Schritt für Schritt" vorgehen, sagte der CDU-Politiker dem Deutschlandfunk. Schritte würden dabei "bewusst und auch bedacht" gemacht und "immer in Abstimmung mit europäischen Freunden und Kollegen".

Darauf dringt auch die EU-Kommission. Grenzkontrollen erforderten enge Koordinierung "insbesondere mit allen betroffenen Mitgliedstaaten", sagte ein Sprecher, über das Vorgehen der Bundesregierung. Man stehe mit den Behörden in Deutschland und dessen Nachbarstaaten in Kontakt, "um die notwendigen Informationen über diese Maßnahmen und ihre Umsetzung in der Praxis zu erhalten", hieß es weiter. Grundsätzlich sei die Wiedereinführung vorübergehender Kontrollen an den Binnengrenzen möglich, aber nur unter bestimmten Bedingungen.

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