Neues Gutachten: Juso-Chef Türmer: AfD-Verbotsverfahren muss auf den Kabinettstisch

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Die AfD wird vom Verfassungsschutz jetzt als rechtsextremistische Partei beobachtet. Juso-Chef Philipp Türmer mahnt die neue Regierung, ein Verbotsverfahren ins Visier zu nehmen.

Die Einschätzung ist eindeutig, die Wortwahl drastisch: Das Bundesamt für Verfassungsschutz stuft nun die gesamte AfD als gesichert rechtsextremistisch ein, "aufgrund der die Menschenwürde missachtenden, extremistischen Prägung der Gesamtpartei". Damit könnte die Debatte um ein Verbotsverfahren der AfD wieder an Fahrt aufnehmen. 

"Diese Regierung kann ein Verbotsverfahren beantragen", sagte der Juso-Vorsitzende Philipp Türmer dem stern. "Sobald sich die neue Regierung gebildet hat, muss dieses Thema auf den Kabinettstisch." 

Der Vorsitzende der SPD-Jugendorganisation mahnt, den "rechtsextremen Nährboden" trockenzulegen. "Das Vorgehen muss nun klar sein", forderte Türmer: "Konservative Kräfte müssen damit stoppen, diese Partei wie jede andere zu behandeln und sie zu legitimieren." 

Kürzlich hatte sich Jens Spahn, der designierte Fraktionsvorsitzende der Union, für einen angepassten Umgang mit der AfD-Fraktion im Bundestag ausgesprochen und dafür Kritik auf sich gezogen. Spahn wies die Darstellungen zurück, er wolle die Partei normalisieren.

Die künftige schwarz-rote Regierung müsse Maßnahmen zum Schutze der Demokratie ergreifen, forderte Juso-Chef Türmer, der die AfD als eine "Bedrohung für Staat und Gesellschaft und für alle demokratisch denkenden Menschen" bezeichnete. 

SPD-Politikerin Wegge: AfD will Demokratie beseitigen

Ein Parteiverbot kann nur vom Bundestag, Bundesrat oder der Bundesregierung beim Bundesverfassungsgericht beantragt werden. Ende Januar hatte der Bundestag erstmals über einen AfD-Verbotsantrag beraten, der von mehr als 120 Abgeordneten eingebracht worden war. Abgestimmt wurde über diesen jedoch nicht. Nach dem Prinzip der Diskontinuität ist der Antrag im alten Bundestag verfallen und müsste nun neu eingebracht werden. 

"Der Verfassungsschutz bestätigt, was wir im Parlament schon lange sehen konnten", sagte Carmen Wegge dem stern. Die SPD-Politikerin gehörte zu den Mit-Initiatoren des Gruppenantrags. "Als Abgeordnete sind wir meiner Meinung nach nun umso mehr verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die AfD vorm Bundesverfassungsgericht überprüft wird." 

Wegge erwartet, dass sich nun alle dafür antragsberechtigten Gremien mit genau dieser Frage beschäftigen. "Die AfD ist eine rechtsextreme Partei, die unsere Demokratie beseitigen will." 

Die geschäftsführende Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) äußerte sich zurückhaltend zur Möglichkeit eines Parteiverbots. "Ein Parteiverbotsverfahren hat aus guten Gründen sehr hohe verfassungsrechtliche Hürden", sagte die SPD-Politikerin. "Das sollte man nicht ausschließen, aber weiterhin sehr vorsichtig damit umgehen. Es gibt jedenfalls keinerlei Automatismus."

Die neue Bewertung durch den Verfassungsschutz zeige, dass es gesetzliche Instrumente gebe, "die unsere Demokratie gegen extremistische Bedrohungen schützen". Dazu gehörten die Beobachtung und die Bewertung durch den Verfassungsschutz, wie sie jetzt erfolgt sei.