Nach langem Ringen steht das Rohstoffabkommen zwischen der Ukraine und den USA. Beide nennen es "historisch" – die Presse ist bezüglich Bedeutung und Dauerhaftigkeit indes skeptisch.
Vor zwei Monaten hatte ein Eklat im Weißen Haus die Unterzeichnung noch platzen lassen, nun haben die Ukraine und die USA ein Abkommen zur Finanzierung des Wiederaufbaus des Landes und zum Abbau ukrainischer Rohstoffe geschlossen. Dieses sichert den USA Zugriff auf wertvolle Bodenschätze, die Ukraine erhofft sich im Gegenzug, die Supermacht im Kampf gegen Aggressor Russland langfristig an ihrer Seite halten zu können. Im Anschluss an die Unterzeichnung äußerten sich beide Länder zufrieden mit dem Ergebnis.
Das Abkommen habe sich während der Verhandlungen "erheblich verändert", sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am Donnerstag. "Nun ist es ein wirklich gerechtes Abkommen, das eine Chance für ziemlich bedeutende Investitionen in der Ukraine schafft", betonte er. US-Finanzminister Scott Bessent bezeichnete das Abkommen als "historisch".
Auch von den Medien wird die Vereinbarung größtenteils positiv gewertet – allerdings mischen sich auch skeptische Stimmen zu ihrer Bedeutung und Dauerhaftigkeit darunter. Eine Auswahl internationaler und nationaler Pressestimmen:
USA
"Washington Post": "Die Ukraine erhielt nicht die von ihr angestrebten Sicherheitsgarantien. Doch das neue Abkommen macht Russland klar, dass sich die USA für eine "langfristige strategische Ausrichtung" zwischen Washington und Kiew und "eine freie, souveräne und prosperierende Ukraine" einsetzen (...). (...) Eine Herausforderung besteht darin, herauszufinden, wo sich die Mineralien der Ukraine befinden. Seit etwa 50 Jahren, also seit der Zeit der Sowjetunion, hat es keine umfassende geologische Kartierung des Landes mehr gegeben. Aus den vorhandenen Karten geht hervor, dass ein erheblicher Teil (...) in Gebieten liegt, die heute unter Kontrolle des russischen Militärs stehen. (...) Das neue Abkommen scheint jedoch beiden Seiten etwas zu bringen. Die USA erhalten eine gewisse finanzielle Beteiligung für ihre fortgesetzte Unterstützung. Und die Ukraine erhält eine langfristige Wirtschaftspartnerschaft mit den Vereinigten Staaten, von der sie hofft, dass sie ausreicht, um künftige russische Aggressionen zu verhindern."
Frankreich
"Le Figaro": "Das Rohstoffabkommen ist ein Schritt in die richtige Richtung. Die Trump-Regierung kann sich rühmen, Kiew eine "Entschädigung" für die der Ukraine gewährte Militärhilfe abgerungen zu haben. Selenskyj seinerseits kann sich glücklich schätzen, eine konkrete Partnerschaft mit Washington besiegelt zu haben. (...) Dieser "Deal" zeigt aber auch, wie lang und steinig der Weg zu einem Friedensabkommen noch immer ist (...). Die Trump-Regierung betont zwar, dass der Deal Teil eines "Friedensprozesses ist, in dessen Mittelpunkt eine langfristig freie, souveräne und wohlhabende Ukraine steht", doch das ist alles andere als selbstverständlich. (...) Der Weg zum Frieden erfordert ein geschicktes Spiel mit Druck auf Moskau und Kiew, echte Sicherheitsgarantien für die Ukraine, kreative und geschickte diplomatische Formulierungen. Und Geduld... Ein komplexer Weg, von dem man nur hoffen kann, dass Donald Trump nicht irgendwann die Nase voll hat."
Großbritannien
"The Independent": "Vielleicht hatte Wolodymyr Selenskyj ja doch ein paar "Trümpfe" in der Hand. Entgegen den schlimmsten Befürchtungen, die nach seiner berüchtigten Begegnung im Oval Office im Februar aufgekommen waren, scheint der ukrainische Präsident nun ein bemerkenswert faires und großzügiges Rohstoffabkommen mit den USA erreicht zu haben. (...) Das Abkommen ist weitaus besser als frühere Entwürfe - nicht nur für die Ukraine, sondern auch für die USA. Die ersten Versionen waren grotesk ausbeuterisch, hätten die Ukraine zu einem Vasallenstaat degradiert und das Land so verarmt und geschwächt, dass eine solche Vereinbarung nicht dauerhaft aufrechtzuerhalten gewesen wäre."
Dänemark
"Politiken": "Nun ja, es ist positiv, wenn Trump die herablassende Behandlung bereut, die er dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj zusammen mit Vizepräsident JD Vance vor einigen Wochen im Oval Office zukommen ließ. Es ist aber auch beunruhigend, dass ein US-Präsident seine Haltung nach Wind und Wetter ändert. Es gibt jedenfalls keine Garantie dafür, dass sein Entgegenkommen für die Ukraine von Dauer ist - es ist eher eine Demonstration von Trumps instabilem Charakter. Für die Ukraine - und auch für Europa insgesamt - könnte das Abkommen ermutigend sein, wenn wir Grund zu der Annahme hätten, dass sich Trump der umfassenden Kritik an seiner schamlosen Neigung beugt, die Ukraine mit Putins Argumenten zu kritisieren. Doch seine Labilität ist auch eine Erinnerung an Europa und die anderen Partner der USA, dass wir uns weniger abhängig von den USA machen müssen - wirtschaftlich und sicherheitsmäßig."
Spanien
"El Mundo": "Der Weg zu dem Abkommen, das die USA und die Ukraine zur Nutzung der Mineralien und Rohstoffe des europäischen Landes unterzeichnet haben, war beschwerlich und hat zwei historische Bilder hervorgebracht: die unbarmherzige Behandlung Wolodymyr Selenskyjs durch Donald Trump am 28. Februar im Oval Office und das freundlichere Wiedersehen der beiden bei der Beerdigung von Papst Franziskus. Das Abkommen wurde von beiden Regierungen begrüßt und verbessert die harten Bedingungen, die das Weiße Haus ursprünglich durchsetzen wollte, doch es ist noch zu früh, um zu sagen, worin es konkret münden wird."
Deutschland
"Süddeutsche Zeitung": "Selenskij hat Trump etwas gegeben, mit dem dieser prahlen kann. Man kann es fast schon hören: Trilliarden Dollar werden jetzt in die amerikanische Staatskasse strömen! Dank sei Trump, dem Genie! Das stimmt zwar nicht. Bis das Abkommen den USA Geld einbringt, wird es wohl noch lange dauern. Aber Trump lügt sich die Welt sowieso so zurecht, wie es ihm passt. Also ist es besser, er geht mit einer Lüge hausieren, die der Ukraine hilft, als mit einer, die Putin ihm eingeflüstert hat."
"Frankfurter Allgemeine Zeitung": "Das Abkommen ist ein Erfolg für die Ukraine, mit dem Schönheitsfehler, dass es keine Sicherheitsgarantien für Kiew vorsieht. Den Krieg wird es nicht beenden, es ist aber ein wichtiges Zeichen, dass beide Länder wieder enger zusammenrücken. Und es sendet ein Signal an Russland, das seinen erbitterten Angriffskrieg gegen die Ukraine weiterführt und bisher jede Friedensvereinbarung ablehnt. (…) Die Amerikaner sind der Ukraine dabei weit entgegengekommen. Kiew konnte abwenden, dass die bisher geleistete Unterstützung in Milliardenhöhe als Schulden angesehen werden, welche die Ukraine mit ihren Bodenschätzen zurückzahlen sollte. (…) Dafür gibt es amerikanische Investitionen. Die, so meint Trump, bedeuteten schon einen gewissen Schutz für die Ukraine – auch ohne Sicherheitsgarantien."
"Saarbrücker Zeitung": "(Selenkskyj) hat den USA einen Anreiz gegeben, sich für die Zukunft der Ukraine einzusetzen. Die Hoffnung, Trump würde sich jetzt für die Befreiung besetzter Gebiete engagieren, erscheint hingegen naiv. Zumal auch Wladimir Putin seinem Bewunderer im Weißen Haus Avancen gemacht hat, die Rohstoffe in den von Russland besetzten Gebieten im Osten der Ukraine gemeinsam auszubeuten. Da Trump von Eigeninteressen und nicht von moralischen Prinzipien geleitet wird, sollte niemand überrascht sein, wenn er am Ende nach dem besseren Angebot greift."