Schwerbehinderte sind Potenzial gegen Fachkräftemangel

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Stand: 14.05.2025 11:24 Uhr

Die Zahl der arbeitslosen Menschen mit Schwerbehinderung ist 2024 um sechs Prozent gestiegen. Für die Bundesagentur für Arbeit ist ihre Inklusion auch ein wichtiger Beitrag zur Fachkräftesicherung.

Die Bundesagentur für Arbeit (BA) sieht in den rund 180.000 arbeitslosen Schwerbehinderten in Deutschland ein Potenzial im Kampf gegen den Fachkräftemangel. Im Durchschnitt seien sie besser ausgebildet als die Gesamtheit der Arbeitnehmerschaft, sagte Vorstandsmitglied Daniel Terzenbach der Nachrichtenagentur dpa. 53 Prozent der arbeitslosen Menschen mit einer Schwerbehinderung haben der BA zufolge eine abgeschlossene Berufsausbildung, bei allen Arbeitslosen sind es nur 44 Prozent.

Dennoch gelinge es ihnen im Vergleich seltener, eine Beschäftigung aufzunehmen. "Menschen mit Behinderungen bringen vielfach wertvolle Qualifikationen mit und stellen ein gutes - bisher zu wenig genutztes - Potenzial dar", so Terzenbach laut einer Mitteilung zur Veröffentlichung eines Berichts über die Arbeitsmarktsituation schwerbehinderter Menschen. Hier müssten Unternehmen, Arbeitsagenturen und Jobcenter noch enger zusammenarbeiten.

Arbeitslosenquote unter Schwerbehinderten bei 11,6 Prozent

Insgesamt lebten in Deutschland mehr als acht Millionen Menschen mit schweren Behinderungen, fast 50 Prozent sind 65 Jahre und älter. "Das ist kein Randphänomen, sondern ein Thema mitten in der Gesellschaft", sagte Terzenbach. "Viele Menschen wissen nicht, dass fast 90 Prozent der Schwerbehinderungen durch Krankheit entstehen, nur der kleinste Teil ist angeboren."

Der Anteil der erwerbstätigen Schwerbehinderten liege derzeit bei 51,4 Prozent - rund zehn Punkte mehr als noch vor 20 Jahren. Im Vergleich zur Gesamtbevölkerung gebe es aber noch deutlich Luft; dort liegt die Erwerbsbeteiligung bei 80 Prozent. "Wir haben schon einen guten Schritt nach vorn gemacht. Aber es gibt noch ein großes Gap zur Gesamtbevölkerung", betonte der Arbeitsmarktexperte.

2024 waren nach der Statistik der Bundesagentur 175.000 Menschen mit Schwerbehinderung im Jahresdurchschnitt arbeitslos gemeldet: ein Anstieg um sechs Prozent gegenüber dem Vorjahr. Fast die Hälfte davon ist älter als 55 Jahre. Bei der Gesamtbevölkerung lag der Anstieg bei sieben Prozent. Die Arbeitslosenquote liegt unter Schwerbehinderten bei 11,6 Prozent im Vergleich zu 7,3 Prozent bei der Gesamtbevölkerung.

Fachkräftemangel verschärft sich weiter

Gleichzeitig braucht die Wirtschaft in zahlreichen Bereichen weiterhin dringend Fachkräfte. In vielen Berufen werden sich die Engpässe in den kommenden Jahren sogar noch verschärfen. Denn der Anteil der in Rente gehenden Babyboomer-Generation ist vor allem in Engpassberufen hoch. Über alle Berufe hinweg liege er bei 25 Prozent, hatte das Statistische Bundesamt vor einigen Monaten mitgeteilt.

Besonders betroffen sind unterschiedliche Berufe im Bereich Verkehr: So waren etwa 44 Prozent der Fahrerinnen und Fahrer von Bussen und Straßenbahnen 2023 mindestens 55 Jahre alt. Auch rund 40 Prozent der Berufskraftfahrer im Gütertransport sind mindestens 55 Jahre alt. Unter den Straßen- und Tunnelwärtern - die etwa für Verkehrssicherheit, Winterdienst und die Instandhaltung von Straßen sorgen - gehört ein Drittel zur Altersgruppe 55plus.

"In der langen Perspektive nach vorn ist der Arbeits- und Fachkräftemangel die größte Wachstumsbremse. Die Demografie ist unser größter Feind", sagte BA-Vorstandsmitglied Terzenbach. Menschen mit Behinderung stünden hier in den Startlöchern. Der Arbeitsmarkt müsse aber mit Falschinformationen aufräumen. "Es gibt Mythen am Arbeitsmarkt, die stimmen einfach nicht", sagte er. Einer dieser Mythen sei, dass Schwerbehinderte - einmal eingestellt - nicht wieder freigestellt werden könnten.

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