Thorsten Frei im ntv Frühstart: Koalitionsstreit um Migration bahnt sich an

Artikel Bild

Gleich zum Beginn der Bundesregierung liegen Union und SPD beim Thema Zurückweisungen über Kreuz. Einig sind sie sich hingegen über den Fehlstart bei der Kanzlerwahl, wollen aber nach vorne schauen.

Schon am ersten Tag der neuen schwarz-roten Bundesregierung bahnt sich ein Streit über den Umgang mit Asylbewerbern an der deutschen Grenze an. Kanzleramtsminister Thorsten Frei kündigte Zurückweisungen auch jener Menschen an, die an der Grenze Asyl begehren. "Wir haben das im Koalitionsvertrag vereinbart", sagte der CDU-Politiker im ntv "Frühstart". Einen Asylantrag müssten Migranten dort stellen, wo sie erstmals europäischen Boden betreten. Wegen der geografischen Lage sei es also kaum möglich, dies in Deutschland zu tun. Innenminister Dobrindt werde veranlassen, dass die Grenzkontrollen intensiviert und Menschen zurückgewiesen werden, die nicht über gültige Einreisepapiere verfügten.

Widerspruch zur Zurückweisung Asylsuchender kommt vom Koalitionspartner: SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese sagte bei ntv, niemand könne ein Interesse daran haben, an mancher Stelle über das Ziel hinauszuschießen und Gerichtsentscheidungen nötig zu machen. "Das weiß der neue Innenminister aber auch", so Wiese. Wer nach Deutschland komme und laut Grundgesetz einen Asylanspruch besitze, der müsse auch die Möglichkeit haben, dass dieser geprüft wird. "Das ist auch im Koalitionsvertrag tatsächlich so besprochen worden."

Kanzleramtschef Frei räumte ein, die Niederlage von Friedrich Merz im ersten Wahlgang bei der Kanzlerwahl am Dienstag nicht erwartet zu haben. Er habe weder in der Unions- noch in der SPD-Fraktion Anzeichen dafür gesehen. "Insofern war das natürlich schon auch durchaus schockierend, so etwas mitzuerleben", sagte Frei. Man könne mit Sicherheit nicht sagen, dass Merz gestärkt aus dem Tag hervorgegangen sei. Man solle das Ganze allerdings auch nicht dramatisieren, so Frei. Natürlich könne man nun denken, dass die Mehrheit der Koalition bei jeder kritischen Frage wackele, sagte Frei. Man habe aber gestern gemeinsam bewiesen, ein Problem konstruktiv lösen zu können. "Die Koalition hat alle Chancen, jetzt noch einen guten Start hinzulegen, aber wir müssen es halt auch tun."

Debatte um Unvereinbarkeitsbeschluss mit Linken

SPD-Fraktionsvize Wiese will nun schnell nach vorne schauen. "Wir sind noch vor dem Vatikan durchs Ziel gelaufen, also von daher: Jetzt packen wir es aber auch an", sagte Wiese. Natürlich hätte er sich gewünscht, dass es bereits im ersten Wahlgang eine Mehrheit gebe, der Kanzler aber sei nun gewählt. Man werde nicht klären können, wer gegen Merz gestimmt habe. Die SPD-Fraktion stehe aber geeint hinter dem Kanzler.

In der CDU ist nach der Abstimmung gestern eine Debatte über den Umgang mit der Linkspartei entbrannt, die mit ihren Stimmen einen zweiten Wahlgang erst ermöglicht hatte. Kanzleramtsminister Frei zeigte sich offen für eine Abschaffung des Unvereinbarkeitsbeschlusses seiner Partei mit der Linken. "Wir werden gemeinsam darüber zu sprechen haben." Man habe bei der Kanzlerwahl im Bundestag erneut das Problem gehabt, nicht absehbar eine Zweidrittelmehrheit organisieren zu können. Den Beschluss des CDU-Bundesparteitags könne man zwar nicht mit einem Federstrich außer Kraft setzen. "Aber mit Sicherheit sind wir in einer Situation, wo wir die eine oder andere Frage neu bewerten müssen."

Adblock test (Why?)