
Hurrikan "Helene" hinterlässt im Südosten der USA Zerstörung und mehr als 200 Tote. Während in den Katastrophengebieten die Aufräumarbeiten beginnen, kursieren Verschwörungstheorien in den sozialen Medien - und schaffen es bis in den US-Wahlkampf.
Nachdem Hurrikan "Helene" in der vergangenen Woche weite Teile des Südostens der USA verwüstet und mehr als 200 Menschen das Leben gekostet hat, fluten bizarre Geschichten das Internet. Es kursieren Gerüchte, die Regierung unter Biden habe mithilfe einer "Wetterkontrolltechnologie" den Sturm gezielt auf republikanische Wähler gelenkt, um die US-Wahl zugunsten der Demokraten zu beeinflussen. Rechtsextreme behaupten, öffentliche Behörden wollten den von Sturm Betroffenen ihr Land wegnehmen und damit ganze Gemeinden auslöschen.
Wann immer schockierende Ereignisse - wie der Terroranschlag am 11. September oder die Corona-Pandemie - auftreten, gibt es Menschen, die mit großer Hingabe nach Erklärungen suchen. Oft wird dabei der Fokus verrückt - weg von den Opfern, hin zu alternativen Realitäten und politischen Fehden.
Trump lügt sich durch Wahlkampf
Der republikanische Präsidentschaftskandidat Donald Trump nutzt die Katastrophe für seine politische Agenda. Bereits vergangene Woche hatte er Kamala Harris und Joe Biden vorgeworfen, nicht genügend für die Katastrophenopfer zu tun, stattdessen zu schlafen oder nach Spendengeldern zu jagen.
Am Wochenende legte Trump nach, indem er die Verwüstungen durch Hurrikan "Helene" mit dem Thema Migration in Verbindung brachte. Bei einer Wahlkampfveranstaltung in Pennsylvania behauptete er, Harris habe die für Sturmopfer gedachten Katastrophengelder für die Unterbringung illegaler Einwanderer ausgegeben. "Sie haben das FEMA-Geld gestohlen", warf er seinen demokratischen Kontrahenten vor.
Tatsächlich sind die Mittel der nationalen Katastrophenschutzagentur FEMA knapp. Das liegt jedoch nicht an der angeblichen Verwendung für Migranten, sondern vielmehr an den Naturkatastrophen, die die USA immer häufiger und extremer heimsuchen. Vergangene Woche unterzeichnete Joe Biden daher ein Übergangsgesetz, das dem Katastrophenschutz zusätzliche 16 Milliarden Dollar zusichert. Alejandro N. Mayorkas, Heimatschutzminister der USA, warnte, dass die Mittel dennoch nicht ausreichten, um die Hurrikan-Saison zu überstehen. Er verwies auf die Zunahme extremer Wetterereignisse. Die finanzielle Unterstützung der FEMA sei für das Wohl des amerikanischen Volkes unabdingbar. "Das ist keine politische Frage", sagte er der "New York Times".
Potpourri an Absurditäten
Doch "Helene" bleibt Politikum. Rückenwind bekommt Trump bei seinen Behauptungen von Techmilliardär Elon Musk und bekannten amerikanischen Verschwörungstheoretikern, wie dem Radiomoderator Alex Jones. Auf X schrieb Musk, die FEMA habe private Hilfsflüge nach North Carolina blockiert, auch Mitarbeitern seines Unternehmens SpaceX würde der Zugang verwehrt. Pete Buttigieg, Verkehrsminister der USA, dementierte die Vorwürfe.
Jones, international bekannt für seine populistischen und mitunter rechtsextremen Ansichten, stellte sich ebenfalls mit einem Post auf X hinter Trump. In einem Video behauptete er, die Regierung habe "Helene" gezielt nach North Carolina geschickt, um die Menschen zu vergraulen und den Lithiumabbau in dem Bundesstaat voranzutreiben.
Nächster Hurrikan steuert auf Florida zu
Das Widerlegen von Verschwörungstheorien kostet Zeit – Zeit, die eigentlich der Unterstützung der Opfer gelten sollte. Kevin Corbin, der republikanische Senator von North Carolina, bat die Bewohner des Bundesstaates daher um Zurückhaltung. "Könnten Sie bitte dabei helfen, die Verbreitung dieser Verschwörungstheorien über die Überschwemmungen in West-North Carolina auf Facebook und im Internet zu stoppen?", schrieb Corbin auf Facebook.
Auch das Rote Kreuz appellierte, vertrauenswürdige Quellen zu nutzen und zweimal über Gelesenes nachzudenken. Der US-amerikanische Fernsehsender CNN veröffentlichte derweil eine Liste an Falschaussagen, die Trump in Bezug auf "Helene" bereits getroffen hat. Darunter findet sich auch die Behauptung, Menschen, die in den Fluten ihr Zuhause verloren haben, erhielten vom Staat lediglich 750 Dollar Unterstützung. FEMA korrigierte die Aussage, bei dem Betrag handele es sich nur um unmittelbare und vorläufige Hilfe.
Die Mühe, die aktuell für das Trennen von Fakten und Fiktion verbraucht wird, wäre an anderer Stelle besser eingesetzt. Denn mit "Milton" rollt bereits der nächste Hurrikan auf die Ostküste zu. Am Mittwoch soll er im Bundesstaat Florida auf Festland treffen.