
Woher kamen die Tausenden Pager, die im Libanon explodiert sind? Das Logo der Geräte führt nach Taiwan, von dort aber geht es umgehend zurück nach Budapest. In der ungarischen Hauptstadt findet sich immerhin ein Unternehmen, eine Adresse und ein Name. Eine Spurensuche.
Es ist eine der spektakulärsten Geheimdienstoperationen der Geschichte. Unzählige Pager explodieren im Libanon. Zwölf Menschen sterben, Tausende werden verletzt - zumeist Mitglieder der radikal islamistischen Hisbollah-Miliz. Bislang ist unklar, wer für die Attacke verantwortlich ist. Die Hisbollah gibt Israel die Schuld und schwört Rache. Die taiwanesische Firma Gold Apollo, deren Logo und Name auf den explodierten Pagern war, streitet eine Beteiligung ab. Der Geschäftsführer verweist auf ein Unternehmen in Ungarn. Die Firma BAC Consulting mit Sitz in Budapest habe seit drei Jahren eine Handelsvereinbarung mit Gold Apollo, sagt er. Mittlerweile dürfe das Unternehmen die Pager in einigen Regionen auf der Welt vertreiben und auch selbst produzieren.
Doch was und wer verbirgt sich hinter dem ungarischen Unternehmen? Als Firmensitz wird ein Haus im Nordosten der Hauptstadt Budapests angegeben. Im Eingangsbereich hängen A4-Zettel mit mehreren Firmennamen - auch BAC Consulting gehört dazu. Eigenen Angaben zufolge ist das Unternehmen jedoch kein reiner Produzent für Technikprodukte, sondern eine Beratungsagentur. Der Fokus von BAC Consulting liegt dabei allem Anschein nach auf Nachhaltigkeit und Klimaschutz. Gleichzeitig wirbt das Unternehmen damit, Telekommunikationsprodukte aus Asien in anderen Regionen der Welt zu vermarkten.
Chefin ist eine Ungarin. Laut Eintrag im ungarischen Handelsregister ist sie 49 Jahre alt. Cristiana Barsony-Arcidiacono weist beim Karrierenetzwerk LinkedIn für sich einen beeindruckenden Lebenslauf aus. So habe sie unter anderem für die EU-Kommission, für UNESCO und die Internationale Atomenergiebehörde IAEA gearbeitet. Fotos, die diese beruflichen Stationen belegen, sind bislang jedoch nicht auffindbar. Ungewöhnlich ist auch der Wohnort für eine Frau mit derartigen beruflichen Stationen. Sie lebt in einer eher schmucklosen Hochhaussiedlung im Norden Budapests. Auffallend ist zudem, dass sie nach eigenen Angaben seit Februar 2019 Geschäftsführerin von BAC Consulting ist. Die Firma wurde laut einem Eintrag im ungarischen Handelsregister aber erst 2022 gegründet.
"Ich denke, es gibt ein Missverständnis"
Eine schriftliche Anfrage von RTL/ntv lässt Cristiana B. bislang unbeantwortet. Mehrere Anrufe blockt sie ab. Auch zu einem persönlichen Gespräch an Ihrem Wohnsitz mit Kollegen von RTL Ungarn war sie nicht bereit. Der US-Sender NBC News hatte mehr Glück: "Ich mache keine Pager. Ich bin nur der Vermittler. Ich denke, es gibt ein Missverständnis", sagt sie. BAC Consulting sei lediglich der Zwischenhändler der Ware.
Derweil bestreitet Ungarns Regierung jede Verbindung zu der Firma. Man habe ihr keinerlei Aufträge erteilt. Diese Firma habe zudem von der Regierung keinerlei Genehmigung verlangt. "In Ungarn herrscht unternehmerische Freiheit", hieß es in der Antwort auf eine Anfrage der ungarischen Internet-Zeitung "24.hu". BAC sei eine private Firma. Wie ungarische Medien berichteten, gibt die Firma offiziell als Tätigkeit Beratung, Buch- und Zeitungsverlag, Zuckerproduktion und Informatik-Dienstleistungen an. Im vergangenen Jahr verdiente sie demnach umgerechnet gut 3.000 Euro. Der Umsatz schrumpfte binnen Jahresfrist auf 532.600 Euro.
Auch auf weiteren Internetseiten finden sich Spuren zu Cristiana Barsony-Arcidiacono. So wird sie als Mitarbeiterin der Eden Global Impact Group geführt. Eine Website, die viele weitere Fragen aufwirft. Das Tätigkeitsfeld der Firma ist schleierhaft. Auf der Website des Unternehmens wird ein Projekt für den Bau einer futuristischen und nachhaltigen Stadt in Mexiko beworben.
Andere aufgeführte Mitarbeiter sind teils offenbar erfunden oder gehen in Wirklichkeit anderen Tätigkeiten nach. Eine Frau, die mit ihrem Foto als Kommunikationschefin geführt wird, ist eigentlich als Masseurin in London tätig. Die angebliche Leiterin der Firma heißt Lea Iman, hat auf Instagram über 80.000 Follower und arbeitet offenbar als DJ und Tänzerin.