Hitzesommer vorhergesagt: Steigen die Lebensmittelpreise jetzt immer weiter?

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Die Lebensmittelpreise sind schon hoch. Nun sorgen sich Landwirte wegen der Dürre, Experten erwarten einen sehr heißen Sommer. Welche Produkte noch teurer werden könnten.

Wer gerade übers Land fährt, der sieht auf den Feldern Traktoren, die gewaltige Staubwolken nach sich ziehen. Die oberen Bodenschichten sind staubtrocken, Folge der aktuellen Dürre in Deutschland. Seit Februar hat es in weiten Teilen des Landes kaum geregnet. "Aktuell erleben wir eine ausgeprägte Frühjahrsdürre", sagt Jacob Bernhardt, Forscher am Thünen-Institut. "Es ist so trocken wie noch nie seit Beginn der Wetteraufzeichnungen."

Eigentlich ist Deutschland ein Land, in dem es genug regnet. Aber für die Bauern ist es wichtig, dass das nicht im Winter passiert, sondern wenn die Pflanzen auf den Äckern keimen und wachsen. "Früher war es sicher: Irgendwann kam der Regen", erzählt Landwirt Martin Schulz, Vorsitzender der AG bäuerliche Landwirtschaft (AbL), dem stern. Er hat einen Hof im Wendland. "Seit 2018 haben wir dann Jahre erlebt, wo es im Prinzip die ganze Vegetationsperiode nicht ausreichend geregnet hat. Das war 2018 so, 2019 so, 2020 in Teilen so und 22 schon wieder." Deshalb habe er wie viele Landwirte jetzt Angst, dass es wieder nicht regnet.

Prognose: ein besonders heißer Sommer

Es zeichnet sich bereits ab, dass es dieses Jahr zur Frühjahrsdürre auch noch einen besonders heißen Sommer geben wird. Lara Wallberg, Forscherin am Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg, untersucht den Einfluss der Wärme in den Tiefen des Nordatlantiks auf Wettermuster in Europa. "Wenn sich im Nordatlantik über drei Jahre immer mehr Wärme aufbaut, dann ist ein besonders heißer Sommer sehr wahrscheinlich", sagt Wallberg dem stern. Dies sei dieses Jahr der Fall. Auch die Prognosen des Deutschen Wetterdienstes (DWD) deuten an, dass der kommende Sommer eher heißer und trockener als üblich wird. Dazu kommt: Wenn es ein Grad heißer ist, verdunstet etwa sieben Prozent mehr an Wasser. Die Hitze verschärft also den Regenmangel.

Während die Inflation insgesamt wieder nachlässt, sind viele Lebensmittel anhaltend teuer. Nicht wenige aufgrund von Dürre und Hitze, teils in Kombination mit anderen Wetterextremen. Das trifft zum Beispiel zu auf Orangen, Kakao, Kaffee und Olivenöl – allesamt landwirtschaftliche Produkte, die nicht in Deutschland wachsen.

Regen nötig in den kommenden zwei Wochen

"Noch sind Landwirtschaft und Erträge eher wenig beeinträchtigt", sagt Andreas Brömser, Agrarmeteorologe beim DWD, mit Blick auf die deutschen Böden. In den besonders trockenen Landesteilen wie dem gesamten Norden gebe es aber, besonders bei den im Frühling gesäten Kulturen, Probleme beim Keimen und durch Trockenstress bei den Pflänzchen. Das betrifft zum Beispiel Zuckerrüben und Mais. "Wenn in den kommenden beiden Wochen kein ergiebiger Regen fällt, wird die Situation allerdings vielerorts kritisch", so Brömser, nicht nur für die frisch gesetzten Pflanzen. Dann könnten auch bereits größer gewachsene Pflanzen, zum Beispiel Wintergetreide, betroffen sein. 

Aktuell erwarten die Wetterdienste zwar für die kommenden Tage mehr Wolken und vereinzelt Schauer. Doch richtiger Regen wird nur ganz im Süden des Landes vorhergesagt. Ob der im Verlauf der kommenden 14 Tage auch den Rest des Landes erreicht, ist sehr unsicher.

Insgesamt gibt es in Deutschland nur für fünf Prozent der landwirtschaftlichen Fläche die Möglichkeit, die Felder zu bewässern. Meist wird das bei Gemüse angewandt, denn bei Gras, Getreide und vielen Kulturpflanzen lohnt sich der Aufwand wirtschaftlich kaum. Wenn dann auch im Sommer der Regen knapp bleiben sollte, drohen großflächige Ernteeinbußen, auch Komplettausfälle. Teilweise ließe sich das durch Importe ausgleichen, zum Beispiel beim Getreide. Dann brechen den Landwirten wichtige Einnahmen weg, aber es kommt nicht unbedingt beim Verbraucher an.

Schon jetzt beeinträchtigt ist der erste Grasschnitt fürs Viehfutter. Wenn auch andere Futterpflanzen knapp werden, gehören Fleisch und Milchprodukte ganz sicher zu den ersten Kandidaten für eine Preiserhöhung im Supermarkt.

Klimawandel lässt die Lebensmittelpreise steigen

Mehr Wetterextreme und damit lange Dürrephasen sind eine direkte Folge des Klimawandels. In Deutschland liegen die Temperaturen bereits um 2,5 Grad über der vorindustriellen Zeit. Wegen der dadurch zunehmenden Verdunstung "müsste es 15 bis 20 Prozent mehr regnen", um das auszugleichen, sagt Agrarmeteorologe Brömser. "Die Niederschläge in der Vegetationsperiode sind aber weitgehend konstant geblieben." Die Probleme der Landwirtschaft werden also zunehmen und die Lebensmittel weiter teurer werden.