Mit einer Leibrente können Senioren finanzielle Löcher stopfen: Das Eigenheim wird zu Geld, trotzdem können sie darin wohnen bleiben. Das Modell birgt allerdings Risiken.
Im Alter noch einmal umziehen und sich an einem neuen Ort einleben – das können sich viele Senioren nicht vorstellen. Kein Wunder, denn wer im eigenen Haus die Kinder großgezogen hat und die Enkelkinder durchs Wohnzimmer toben sieht, hängt emotional an den eigenen vier Wänden. Doch ein Haus zu unterhalten ist teuer, auch wenn es schon abbezahlt ist.
Trotz mietfreiem Wohnen kann das Geld knapp werden. Insbesondere dann, wenn am Haus noch größere Reparaturen zu erledigen sind, das Hausgeld für die Eigentumswohnung einen zu großen Teil der Rente schluckt oder das Einkommen für den Pflegedienst nicht ausreicht. So wird die Liebe zum Eigenheim im Alter schnell zur Kostenfalle.
Leibrente durch Immobilienverkauf
Auf den ersten Blick kann die Leibrente Abhilfe verschaffen. Hierfür verkaufen Senioren ihre Immobilie, doch statt eines einmaligen Kaufpreises erhalten sie bis an ihr Lebensende eine zusätzliche Rente, die Leibrente. Außerdem können sie mit dem Leibrenten-Anbieter, beispielsweise eine Stiftung, einen sogenannten Nießbrauch vereinbaren, der im Grundbuch eingetragen wird. Dieser garantiert, dass die Seniorin oder der Senior lebenslang in dem Haus oder der Wohnung mietfrei wohnen darf oder diese vermieten kann. Ein weiterer Vorteil: Für die Instandhaltung der Immobilie ist dann der Käufer verantwortlich. "Auch die Grundsteuer muss der Käufer bezahlen", sagt Markus Budde, Spezialist für Baufinanzierung beim Kreditvermittler Dr. Klein.
Die Altersvorsorge ist für viele Menschen einer der Hauptgründe für den Immobilienkauf. Doch der vermeintliche Sicherheitsanker kann im Ruhestand zur Kostenfalle werden.
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In der eigenen Immobilie bleiben, die Rente aufstocken und sich nicht mit der Instandhaltung des Hauses beschäftigen müssen. Das klingt erst einmal verlockend. Die Verbraucherzentralen geben jedoch zu bedenken, dass Leibrenten relativ teure Produkte sind und der Liquiditätsgewinn, also das, was am Ende wirklich auf dem Konto landet, gering ist. Experten raten daher dazu, im Zweifel das eigene Haus verkaufen. Das mag erst einmal hart klingen. Doch wer einen einmaligen Kaufpreis auf dem Immobilienmarkt kassiert, macht in der Regel ein besseres Geschäft als mit monatlichen Leibrentenzahlungen.
Angehörige durch Mindestlaufzeit absichern
Wer sich trotzdem für die Leibrente entscheidet, bekommt diese monatlich, quartalsweise oder jährlich ausgezahlt. "Für eine Immobilie, die circa 350.000 Euro wert ist, bekommt man durchschnittlich 800 Euro monatlich", sagt Budde. Die genaue Höhe ergibt sich aus dem Kaufpreis der Immobilie und dem Alter der Verkäuferin. Je älter die Verkäuferin ist, desto höher fallen die Zahlungen aus.
Da Senioren mit der Leibrente ihren Eigentumsanspruch abgeben, können sie die Immobilie nicht mehr weitervererben. Um die Angehörigen trotzdem finanziell abzusichern, kann ein Rentner mit dem Leibrenten-Anbieter eine Mindestlaufzeit vereinbaren. Stirbt er vor dem Ablauf dieser Rentengarantiezeit, erhalten nun die Angehörigen die Zahlungen aus der Leibrente bis zum Erreichen des vereinbarten Zeitpunkts. Auch Paare können sich so gegenseitig absichern.
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Eine weitere Variante ist die verkürzte Leibrente, bei der eine maximale Laufzeit festgelegt wird. Hier bekommt die Person die Rente nur befristet, beispielsweise zehn bis 20 Jahre ausgezahlt, also nicht lebenslang. Dafür sind jedoch die Raten höher – es ist also wahrscheinlicher, dass der Senior die gesamte Summe zu Lebzeiten erhält.
Verkauf an gewerbliche Anbieter oder Stiftungen
Um eine Leibrente zu beziehen, können sich Ruheständler an Privatpersonen wenden, an gewerbliche Anbieter wie die Deutsche Leibrenten AG und die Deutsche Immobilien-Renten AG oder an eine Stiftung. Je nach Anbieter gelten unterschiedliche Voraussetzungen. Bei der Stiftung Liebenau beträgt das Mindestalter zum Beispiel 65 Jahre und die Immobilie sollte mindestens 200.000 Euro wert sein. Zwar ist es sowohl bei der Deutschen Leibrenten AG als auch bei der Stiftung Liebenau möglich, Immobilien zu verkaufen, auf denen noch eine Hypothek lastet – die Restschuld sollte jedoch nur noch zwischen 20 und 50 Prozent des Verkehrswerts liegen. Künftige Empfänger einer Leibrente sollten sich verschiedene unverbindliche Angebote einholen, um sich so den höchsten Zahlungsbetrag zu sichern.
Einfacher wirkt es zunächst vielleicht, wenn man das eigene Haus an eine Privatperson verkauft. Aber das birgt Risiken. Wer verkaufen will, sollte unbedingt den Nießbrauch oder das Wohnrecht im notariellen Kaufvertrag festhalten und als Grundschuld im Grundbuch eintragen lassen – auch wenn der Vertrag mit Familienmitgliedern abgeschlossen wird. Kinder, die das Elternhaus schon zu deren Lebzeiten übernehmen sollen, können über das Leibrente-Modell Schenkungs- oder Erbschaftssteuer sparen und die Eltern in finanzieller Schieflage unterstützen.
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Mit fremden Personen sollten Rentner keine Leibrente vereinbaren. Sie haben kaum eine Möglichkeit, deren Zahlungsfähigkeit festzustellen. Banken und andere Zahlungsdienstleister rufen die Bonität eines Vertragspartners vor jedem Vertragsabschluss ab. Das Risiko ist hoch, dass Privatpersonen nicht pünktlich oder im schlechtesten Fall gar nicht mehr zahlen.
Unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich, ist der Zahlungsausfall bei gewerblichen Anbietern, etwa wenn diese Insolvenz anmelden müssen. Zwar können die Senioren weiterhin in der Immobilie wohnen, da das Wohnrecht im Grundbuch gesichert wurde. Die Rentenzahlungen können jedoch ausfallen. In diesem Fall hätte die Person ihr Eigentum günstig verkauft, der versprochene Geldsegen bliebe allerdings aus. Auch hier lohnt es sich also, den Anbieter gut auszuwählen. Oder das eigene Häuschen vielleicht doch einfach zu verkaufen.