Krieg in der Ukraine: Putins Waffenruhe - Kiew und Moskau beklagen viele Verstöße

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Russland hat anlässlich des Tags des Sieges im Zweiten Weltkrieg eine Waffenruhe ausgerufen, der die Ukraine offiziell nicht zugestimmt hat. Die Kriegsparteien werfen sich gegenseitig Angriffe vor.

Russland hält nach Angaben aus Kiew die eigens erklärte Waffenruhe in seinem Krieg gegen die Ukraine nicht ein. "Unseren militärischen Daten nach greifen russische Kräfte weiter an der gesamten Frontlinie an", schrieb der ukrainische Außenminister Andrij Sybiha auf der Plattform X. Insgesamt habe das russische Militär seit Mitternacht mehr als 700 Mal gegen die Waffenruhe verstoßen. 

Dagegen behauptete das Verteidigungsministerium in Moskau, die russische Armee halte sich streng an die von Kremlchef Wladimir Putin angeordnete dreitägige Feuerpause und reagiere nur auf ukrainische Angriffe. Putins außenpolitischer Berater Juri Uschakow sagte, dass von der Einhaltung der Waffenruhe auch abhänge, wie sich die Lage im Krieg weiter entwickle. Er bestätigte, dass es weiter Verhandlungen mit den USA gebe für eine Lösung des Konflikts, bisweilen auch täglich.

Abgeordneter: Ukraine hält Waffenruhe stillschweigend ein

Im russischen Gebiet Kursk habe es einen ukrainischen Durchbruch-Versuch gegeben, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau weiter mit. Das russische Militär beklagte bis zum Nachmittag 488 ukrainische Verstöße gegen die Waffenruhe. 

Die Führung in Kiew hat der Waffenruhe öffentlich nicht zugestimmt. Es gab aber Berichte, dass die ukrainischen Streitkräfte doch einen Befehl für eine Waffenruhe aus Kiew erhalten hätten. Der ukrainische oppositionelle Parlamentsabgeordnete Olexij Hontscharenko schrieb bei Telegram, sein Land halte sich trotz teils anderslautender Bekundungen stillschweigend an die dreitägige Waffenruhe. 

Die Angaben der Kriegsparteien sind von unabhängiger Seite nicht unmittelbar überprüfbar. Die Ukraine wehrt sich seit mehr als drei Jahren gegen den russischen Angriffskrieg.

Feuerpause soll bis einschließlich Samstag andauern

In drei Einheiten an den Abschnitten Pokrowsk im Donezker Gebiet und in der Südukraine wurde dem ukrainischen öffentlich-rechtlichen Rundfunk das Vorliegen eines Befehls bestätigt, wonach die Soldaten das Feuer nur erwidern dürfen. Es seien aber von russischer Seite weiter Artilleriebeschuss und Drohnenangriffe im Frontgebiet erfolgt, hieß es.

Die von Putin angesetzte Waffenruhe mit Beginn des Donnerstags in Kraft. Die Feuerpause soll 72 Stunden gelten - also einschließlich Samstag. Sie deckt damit die Tage ab, in denen Russland an den Sieg über Nazi-Deutschland und das Ende des Zweiten Weltkriegs 1945 erinnert. An diesem Freitag ist die traditionelle Militärparade auf dem Roten Platz in Moskau geplant. Die Waffenschau gilt auch als wichtige Machtdemonstration Moskaus. Der 9. Mai ist der wichtigste Feiertag in Russland.

Ukraine pocht auf 30-tägige Waffenruhe für Friedensgespräche

Die Ukraine bestand bei einer Reihe von Gesprächen mit westlichen Sicherheitsberatern auf ihrem Vorschlag für eine 30-tägige Waffenruhe. "Wir haben betont: Eine vollständige und bedingungslose Feuerpause muss zum ersten Schritt für einen gerechten und dauerhaften Frieden werden", schrieb Kiews Kanzleichef Andrij Jermak bei Telegram. Die von Moskau verkündete Waffenruhe sei nur "Manipulation" und solle lediglich die Sicherheit der Militärparade in Moskau garantieren.

An den Gesprächen mit den US-Sondergesandten Steve Witkoff und Keith Kellogg, dem französischen Präsidentenberater Emmanuel Bonn und dem britischen Nationalen Sicherheitsberater Jonathan Powell war demnach auch der neue Kanzlerberater Günter Sautter beteiligt. Von ukrainischer Seite nahmen zudem Verteidigungsminister Rustem Umjerow und Außenminister Andrij Sybiha an den Unterredungen teil.

Jermak zufolge wurden auch Druckmittel diskutiert, falls Russland sich einer Waffenruhe verweigert. Eine 30-tägige Waffenruhe sei ein Test auf Ernsthaftigkeit der russischen Seite. "Wenn Moskau wirklich Frieden will, ist es an der Zeit zu handeln", erklärte Jermak. Im Falle einer Eskalation müsse reagiert werden.