Marktbericht: DAX steuert auf nächsten Kurssturz zu

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Stand: 09.04.2025 09:29 Uhr

Heute Morgen sind die neuen US-Zölle in Kraft getreten - und der Ausverkauf an den Börsen geht in die nächste Runde. Der DAX bricht erneut ein. Wo können die Kurse jetzt noch Halt finden?

Angela Göpfert

Die Erholung am deutschen Aktienmarkt währte gerade einmal einen Tag. Zur Wochenmitte geht es mit dem DAX nun erneut abwärts, in den ersten Handelsminuten bricht der deutsche Leitindex um bis zu 2,7 Prozent auf 19.729 Punkte ein. Den Finanzmärkten droht der nächste tiefschwarze Börsentag.

Tags zuvor hatte der Dienstag seinem positiven Ruf an der Börse noch alle Ehre gemacht - zumindest am deutschen Aktienmarkt. Auf den "Black Friday" und den "Panic Monday" folgte ein "Turnaround Tuesday" wie aus dem Lehrbuch. Der DAX fuhr ein Plus von 2,5 Prozent auf 20.280 Punkte ein - und machte damit einen kleinen Teil seiner jüngsten massiven Kursverluste wieder wett.

Doch mit seinem frühen Kurssturz radiert das deutsche Börsenbarometer nun all seine gestern mühsam erarbeiteten Gewinne mit einem Schlag wieder aus. Der jüngste Stabilisierungsversuch im DAX ist damit krachend gescheitert.

Vor allem für langfristig orientierte Anleger ist der erneute Rutsch unter die 200-Tage-Linie (aktuell bei 19.969 Punkten) ein negatives Signal, gilt dieser gleitende Durchschnitt der vergangenen 200 Handelstage doch als wichtiger Indikator für den langfristigen Trend im DAX.

Mit dem Rutsch unter das gestrige Tagestief (19.884 Zähler) sendet der DAX auch in der kurzfristigen Perspektive ein negatives Signal. Die 19.300er-Marke bleibt nun eine zentrale Unterstützung, die es zu verteidigen gilt. Darunter sollten Anleger das Tief vom "Panic Monday" bei 18.489 Punkten im Auge behalten. Spätestens an dieser Stelle sollten die Kurse besser die Kurve bekommen. Andernfalls droht eine massive Beschleunigung der Abwärtsdynamik.

US-Zölle von 104 Prozent auf Waren aus China

Hintergrund der neuen Verwerfungen an den Börsen ist die Ankündigung weiterer Sonderzölle der USA gegen China von noch einmal 50 Prozent. Trump reagierte damit gestern auf die von Peking angekündigten Gegenzölle in Höhe von 34 Prozent. Für chinesische Waren gelten damit seit heute früh Sonderzölle in Höhe von insgesamt 104 Prozent.

"Die USA und China befinden sich in einem noch nie dagewesenen und teuren Spiel, und es scheint, dass beide Seiten nicht bereit sind, einen Rückzieher zu machen", sagte Ting Lu, Chefökonom für China bei Nomura.

Denn auch wenn sich mittlerweile sogar sein "Best Buddy" Elon Musk klar gegen Trumps Zollpolitik ausspricht und dessen Zoll-Architekten Navarro als "dümmer als ein Sack Ziegel" verspottet: Trump zeigt sich weiter stur. Dass der US-Präsident bald von seiner harten Haltung gegenüber China oder der EU abrücken oder gar einen Fehler eingestehen könnte, das dürfte wohl ins Reich der (Börsen-)Fantasien gehören.

Den Finanzmärkten fehlt damit ein fundamentaler Grund, der einen nachhaltigen Kursumschwung rechtfertigen könnte. Vielmehr sind sie immer noch dabei, die neuen Realitäten einzupreisen. Und zu diesen neuen Realitäten gehört womöglich auch eine weltweite Rezession; die Wahrscheinlichkeit dafür ist seit der vergangenen Woche jedenfalls drastisch gestiegen.

Die logische Folge ist ein drastischer Anstieg der Risikoaversion. An den Märkten gilt derzeit das Motto: "Cash ist King". Das spiegelt sich auch in den massiven Verkäufen von US-Staatsanleihen wider, die in den vergangenen Tagen zu beobachten waren. Kehren nun auch die Geldgeber der USA dem Land den Rücken? Für die Vereinigten Staaten wäre das verheerend, müssen sie doch in den kommenden Jahren Billionen von Dollar refinanzieren.

Marktexperte Stanzl weist noch auf ein weiteres Risiko hin - ein großer Hedgefonds oder eine Bank könnte durch die Börsenturbulenzen in Schieflage geraten: "Es ist nicht garantiert, dass die Kollateralschäden, die durch Trumps Frontalkurs entstehen, nicht zu weiteren Ansteckungseffekten führen, die am Ende nicht mehr einzufangen sind." Spätestens dann dürften zumindest bei den mittleren und älteren Generationen Erinnerungen an die Finanzkrise wachwerden.

Unterdessen hatte die schwindende Hoffnung der Marktteilnehmer auf eine Verschiebung der Zölle oder gar Zugeständnisse der USA der Wall Street gestern den nächsten Kurseinbruch beschert. Nach einem positiven Handelsstart drehten die großen Börsenindizes ins Minus.

Der S&P 500 büßte 1,6 Prozent auf 4.982 Punkte ein - und sank somit erstmals seit fast einem Jahr unter die Schwelle von 5.000 Punkten. Der Dow Jones schloss um 0,8 Prozent niedriger bei 37.645,59 Punkten. Die größten Verluste verzeichnete der Technologie-Index Nasdaq mit einem Minus von 2,2 Prozent auf 15.267 Zähler.

Auch für den heutigen Handelstag zeichnen sich an der Wall Street weitere Kursverluste ab; am Morgen liegen die US-Futures deutlich im Minus. Der Future auf den US-Leitindex Dow Jones verliert 2,1 Prozent, der Future auf den Nasdaq 100 büßt 2,6 Prozent ein.

Die negativen Vorgaben von der Wall Street verfehlten auch am japanischen Aktienmarkt ihre Wirkung nicht. Der 225 Werte umfassende Nikkei-Index stürzte am Morgen um 3,9 Prozent auf 31.714 Punkte ab.

Bemerkenswert ist dagegen die Stärke der chinesischen Börsen, die sich am Morgen weiter stabilisieren können: So liegt der CSI 300 mit den wichtigsten chinesischen Festlandwerten aktuell 1,0 Prozent im Plus. Die Börse in Shanghai kann sogar Gewinne von 1,3 Prozent einfahren.

Die Furcht vor einer weltweiten Rezession setzt derweil die Ölpreise erneut unter Druck. Anleger fürchten eine stark nachlassende Nachfrage - insbesondere aus China. Am Rohstoffmarkt verbilligt sich die Nordseesorte Brent aktuell um 2,2 Prozent auf 61,46 Dollar je Barrel (159 Liter). Die US-Sorte West Texas Intermediate wird erstmals seit April 2021 für unter 60 Dollar pro Barrel gehandelt.

Der sichere Hafen Gold ist dagegen zur Wochenmitte einmal mehr gefragt. Das gelbe Edelmetall profitiert von der gestiegenen Risikoaversion an den Finanzmärkten. Anleger fliehen raus aus riskanten Anlagen wie Aktien und Öl - und rein in sichere Häfen wie Gold. Der Goldpreis zieht am Morgen um 1,8 Prozent auf 3.030 Dollar je Feinunze an.

Die von Trump verhängten China-Zölle haben unterdessen auch für einige US-Konzerne dramatische Konsequenzen. Der Technologiekonzern Apple gehört zu den Leidtragenden, werden doch die meisten iPhones in China produziert.

In den vergangenen Handelstagen büßte die Apple-Aktie daher mehr als ein Fünftel ihres Werts ein - das kostet sie nun den Titel des wertvollsten Unternehmens an der Börse. Neue Nummer Eins auf dem Börsenolymp ist nun Microsoft mit einem Marktwert von rund 2,64 Billionen Dollar.

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