Nach fragwürdiger Entlassung: Banaszak attackiert Brandenburger SPD: "Auf dem rechten Auge blind"

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Der Brandenburger Verfassungsschutz stuft die AfD als gesichert rechtextremistisch ein. Parallel zu dieser Entscheidung feuert die brandenburgische Innenministerin den Chef des Landes-Geheimdienstes. Der Schritt führt zu harscher Kritik - selbst aus der Bundespolitik.

Die Entlassung des Brandenburger Verfassungsschutzchefs durch Innenministerin Katrin Lange im Streit um die Einstufung der AfD als rechtsextremistisch schlägt Wellen bis in die Bundespolitik. Der Grünen-Bundesvorsitzende Felix Banaszak kritisierte die Brandenburger SPD wegen Vorgehens der Ministerin gegen den Abteilungsleiter hart. Diese zeige sich "auf dem rechten Auge blind", sagte er dem "Tagesspiegel". Der Grünen-Chef warf der SPD auch vor, in Brandenburg die AfD nicht mehr als größte Bedrohung für die Demokratie zu betrachten.

"Man sollte meinen, spätestens mit der Einstufung der AfD als gesichert rechtsextrem durch den Verfassungsschutz wäre der Ernst der Lage verstanden worden", sagt Banaszak mit Blick auf die Entscheidung des Bundesamtes für Verfassungsschutz vor einer Woche. "Die AfD ist kein gewöhnlicher Bestandteil unseres demokratischen Systems - sie ist seine größte Bedrohung", sagte der Grünen-Chef. "Doch die SPD in Brandenburg scheint die Augen vor dieser Realität zu verschließen - oder, schlimmer noch: in die entgegengesetzte Richtung zu steuern."

Zugleich erinnerte Banaszak daran, dass Ministerpräsident und SPD-Landeschef mit einem "Ich oder die AfD"-Wahlkampf dafür gesorgt habe, dass demokratische Oppositionsparteien wie die Grünen oder die Linke aus dem Landtag gedrängt worden seien. "Noch schwerer wiegt die Entscheidung, eine Innenministerin zu berufen, die sich auf dem rechten Auge blind zeigt." Die Entlassung des Verfassungsschutzchefs sei ein gefährliches Signal. "Die SPD muss sich fragen, ob sie sich mit dieser Entscheidung in Brandenburg vom Anspruch verabschiedet, unsere freiheitlich demokratische Grundordnung und ihre Institutionen zu schützen."

Woidke stärkt seiner Innenministerin den Rücken

Der Verfassungsschutz in Brandenburg stufte die Landes-AfD am Mittwoch als gesichert rechtsextremistisch ein. Einen Tag zuvor hatte das Innenministerium in Potsdam mitgeteilt, dass Lange Landesverfassungsschutzchef Jörg Müller von seinen Dienstgeschäften entbunden habe. Nach Angaben des Ministeriumssprechers war die verzögerte Information der Ministerin über die Hochstufung der AfD vom Verdachtsfall zur gesichert rechtsextremen Bestrebung der Grund dafür. Ausschlaggebend sei "die Art der Kommunikation" gewesen, betonte er. Es gehe nicht um die "inhaltliche Entscheidung" der Behörde. Die Einstufung bleibe bestehen.

Ministerpräsident Dietmar Woidke stärkte Lange daraufhin den Rücken. Der Regierungschef hatte nach eigenen Aussagen nicht früher als Lange Kenntnis von der neuen Einstufung der Landes-AfD durch den Verfassungsschutz. "Man kann die Arbeit nur gut machen, mit einem Vertrauensverhältnis, das muss da sein, es ist die Basis der Zusammenarbeit", sagte Woidke. Zur neuen AfD-Einstufung ergänzte er: "Ich kann das momentan nicht einschätzen, weil ich nicht weiß, auf welchen Daten und Fakten jetzt die Bewertung des Verfassungsschutzes beruht."

Nach Angaben des Innenministeriums in Potsdam zog Lange die Kompetenz zur Einstufung von "Beobachtungsobjekten" des Verfassungsschutzes parallel an sich. Die entsprechende Dienstanweisung aus dem Jahr 2023, die dies der Hausleitung überließ und lediglich eine Unterrichtungspflicht gegenüber Ministeriumsspitze und Parlament in Fällen von "besonderer Bedeutung" vorsah, wurde außer Kraft gesetzt. Demnach gilt wieder die vorherige Dienstanweisung, wonach in solchen Fällen die Ministerin entscheidet.

Vor der Rüge des Parteichefs der Grünen hatte auch die CDU in Brandenburg Lange für ihre Entscheidung kritisiert. Die Aussage, vom Verfassungsschutzchef nicht über die Einstufung informiert worden zu sein, halte er für "wenig glaubwürdig", erklärte deren innenpolitischer Sprecher Rainer Genilke. Er warf Lange außerdem vor, die "politische Unabhängigkeit" des Landesverfassungsschutzes zu beschneiden und die Behörde dadurch dem "Vorwurf der politischen Einflussnahme" auszusetzen.

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