Nach Wadephul-Vorstoß: Was würde die Fünf-Prozent-Forderung Deutschland kosten?

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Deutschland erreicht mit Hängen und Würgen - und dank des Sondervermögens - das lange gültige Zwei-Prozent-Ziel der Nato. Kurz nach seiner Amtsübernahme fordert US-Präsident Trump allerdings fünf Prozent des BIP. Außenminister Wadephul will dem folgen. Aber was würde das eigentlich kosten?

"Naiv" und "jenseits von Gut und Böse"? Seit sich Außenminister Johann Wadephul hinter die Forderung von US-Präsident Donald Trump nach einer massiven Erhöhung der Verteidigungsausgaben auf fünf Prozent der Wirtschaftsleistung gestellt hat, wird über die Zahl debattiert. Doch was würde es Deutschland kosten, fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) für Verteidigung auszugeben?

Nach Angaben von Bundeskanzler Friedrich Merz würde jeder Prozentpunkt mehr für Deutschland derzeit ungefähr ein Plus von 45 Milliarden Euro an Verteidigungsausgaben bedeuten. Bei fünf Prozent wären derzeit Ausgaben in Höhe von 225 Milliarden Euro pro Jahr notwendig. Dies wäre eine riesige Kraftanstrengung - selbst wenn künftig deutlich mehr Ausgaben für militärisch nutzbare Infrastruktur eingerechnet werden können.

Zur Einordnung: Die gesamten Ausgaben des Bundeshaushalts beliefen sich im vergangenen Jahr auf rund 466 Milliarden Euro. Gemessen daran würden die Ausgaben von 225 Milliarden Euro 48 Prozent des Gesamtetats ausmachen. Das Wehrressort läge so mit Abstand auf Platz eins. 2024 betrug der Anteil der Verteidigung gerade knapp elf Prozent, schon da der zweitgrößte Posten im Bundeshaushalt.

Selbst in der abgespeckten Variante mit 3,5 Prozent des BIP, die Markus Söder ins Spiel brachte, läge der Anteil der Verteidigung am Bundeshaushalt bei 33 Prozent. Zusammen mit dem Arbeits- und Sozialressort wären 70 Prozent des Haushalts verplant. In der Fünf-Prozent-Variante kämen beide zusammen auf 85 Prozent. Alle anderen Ressorts müssten sich 15 Prozent des Haushalts teilen - also unter anderem für Gesundheit, Inneres, Senioren, Wirtschaft und Verkehr.

Bundeshaushalt 2025 steht noch nicht

Wie eine solche Summe erreicht werden soll, ist völlig unklar, da es wegen der vorgezogenen Bundestagswahl nicht einmal einen Haushalt für das laufende Jahr gibt. Selbst Einsparungen beim Bürgergeld, wie von der Union im Wahlkampf vielfach angekündigt, würden nicht im Ansatz ausreichen. Von fünf Milliarden Euro war dabei die Rede. Selbst diese Summe ziehen viele Experten in Zweifel. Und sie würden Deutschland bei der Verteidigung kaum helfen.

Als mögliche Frist für die Erfüllung eines neuen Ziels für die Verteidigungsausgaben gilt das Jahr 2032. Geheimdienste gehen davon aus, dass Russland spätestens im nächsten Jahrzehnt in der Lage sein dürfte, in Europa einen weiteren Krieg zu beginnen.

Die Kritik war entsprechend groß. "Es wäre glatter Irrsinn, wenn wir bei solchen Beträgen landen würden", sagte der SPD-Außenpolitiker Ralf Stegner dem "Stern". "Wir müssen mehr tun, das ist klar." Dafür hätten Union und SPD auch die Schuldenbremse für Sicherheitsausgaben gelockert. "Aber fünf Prozent, das kann man sich nicht vorstellen. Ich fände es auch falsch und bin sicher, dass das nicht kommen wird."

Polen kommt Ziel am nächsten

Auch der neue Vizekanzler und Finanzminister Lars Klingbeil lehnte ein Vorpreschen und "über Zahlen spekulieren" ab, sagte der SPD-Politiker dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Es müsse der nächste Nato-Gipfel in Den Haag abgewartet werden. "Wir haben in unserem Koalitionsvertrag vereinbart, dass wir massiv in die Bundeswehr und in unsere Verteidigungsfähigkeit investieren. Im Juni wird es dafür beim nächsten Nato-Gipfel eine gemeinsame Linie mit unseren Partnern geben. Daran werden wir uns orientieren."

Selbst in Bezug auf die anderen Nato-Staaten erscheint ein Anteil von fünf Prozent gemessen am BIP völlig illusorisch. Derzeit erfüllt kein einziger Staat innerhalb des Bündnisses diese Vorgabe. Polen liegt mit 4,12 Prozent im Jahr 2024 deutlich auf Rang eins, verpasst die Fünf-Prozent-Marke aber ebenfalls klar. Estland auf Rang zwei kommt schon "nur noch" auf 3,43 Prozent. Die USA landen bei 3,38 - gegenüber 2014 ist hier sogar ein Rückgang zu verzeichnen - da lag der wichtigste Nato-Vertreter noch bei 3,71 Prozent. Deutschland schaffte es 2024 auf 2,12 Prozent, auch dank des Sondervermögens. Acht Staaten lagen im Vorjahr unter der bisher gültigen Zwei-Prozent-Marke, darunter auch die europäischen Schwergewichte Italien und Spanien.

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