Kevin Kühnert war erst der Rebell, dann die Nachwuchshoffnung der SPD. Sein Ausstieg aus der Politik kam plötzlich. Jetzt äußert er sich ausführlich zu den Hintergründen.
Es war ein Paukenschlag nicht nur in der SPD, sondern für die gesamte Bundespolitik: Im Oktober 2024 verkündete Kevin Kühnert seinen Rücktritt als Generalsekretär der Sozialdemokraten und seinen Ausstieg aus der Politik. Bei der Bundestagswahl trat er nicht mehr an. Kühnert gab damals gesundheitliche Probleme als Grund an.
Doch offenbar war dies nur einer von mehreren Auslösern für seinen Rückzug. Kühnert fürchtete als Spitzenpolitiker zunehmend um seine Sicherheit. "Meine rote Linie ist da, wo Gewalt in der Luft liegt. Ich bin nur 1,70 Meter groß", sagte er der Wochenzeitung "Die Zeit".
Kevin Kühnert berichtet von Drohungen und Übergriffen
Der frühere SPD-Generalsekretär sprach zum ersten Mal über seine Beweggründe für den Rücktritt. Kühnert berichtet im Gespräch mit der "Zeit" über diverse Bedrohungen und Übergriffe, die er bei Auftritten als Politiker und auch in seinem Privatleben erlebt habe. Unter anderem in einer Straßenbahn mit drei Männern: "Sie haben darüber geredet, wie sie mir die Fresse polieren."
Bei einem Wahlkampfauftritt wurde er von einer Querdenkerin mit einem rohen Ei attackiert. "Jeder dieser Vorfälle war ein weiterer Strich auf der Liste", erklärte der 35-Jährige.
Besorgt zeigte sich Kühnert laut "Zeit" auch über die gesellschaftliche Gleichgültigkeit gegenüber wachsender Gewalt gegen Politiker. "Ich bin nicht aus der Politik ausgestiegen, weil ich Angst vor ein paar Neonazis habe. Sondern weil ich zunehmend Zweifel habe, was das Thema Wehrhaftigkeit betrifft."
Kühnert schließt Rückkehr in die Politik nicht aus
Früher sei er noch als Teil der Mehrheitsgesellschaft in Dresden gegen Rechtsextreme auf die Straße gegangen, sagte Kühnert. "Heute ist es anders. Heute gibt es einen parlamentarischen Arm für all das, der enorm viel Zuspruch bekommt."
Die "Zeit" schreibt auch, dass Kühnert sich vor einigen Jahren in einen "Mann mit FDP-Parteibuch" verliebt habe und durch die Beziehung neu erkannt habe, wie wichtig der respektvolle Umgang mit politisch Andersdenkenden sei.
"Es braucht das ständige Bewusstsein, dass der politische Gegner auch recht haben könnte", sagte Kühnert. Diese Fähigkeit habe die Gesellschaft verlernt.
Eine Rückkehr in die Politik schließt Kühnert nicht aus: "Ich bin nicht ausgestiegen, weil ich das alles lächerlich oder überflüssig fände", betonte er.