
Polizist und AfD-Mitglied? Das war früher schon umstritten. Nach der Einstufung der Partei als rechtsextremistisch könnte diese Kombination zu einem Problem werden. Zwei Bundesländer kündigen bereits an, konkrete Schritte unternehmen zu wollen.
Die beiden Bundesländer Hessen und Bayern wollen nach der Neubewertung der AfD durch den Verfassungsschutz Parteimitglieder in ihrem Staatsdienst überprüfen. Es werde geprüft, inwieweit die Einstufung "Auswirkungen auf AfD-Mitglieder und Funktionäre im öffentlichen Dienst hat", sagte Hessens Innenminister Roman Poseck der "Bild"-Zeitung. "Unsere Mitarbeiter in Polizei und Verwaltung müssen die Gewähr dafür bieten, dass sie jederzeit für unsere freiheitlich demokratische Grundordnung eintreten."
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann äußerte sich ähnlich. "Wir müssen auch prüfen, welche Konsequenzen diese Einstufung für die Tätigkeit von AfD-Mitgliedern im öffentlichen Dienst haben muss", sagte er ebenfalls der "Bild"-Zeitung.
Das Bundesamt für Verfassungsschutz hatte am Freitag nach einer jahrelangen Prüfung eine Neubewertung der AfD vorgelegt und stuft nun die gesamte Partei als gesichert rechtsextremistisch ein. Grund dafür sei eine "die Menschenwürde missachtende, extremistische Prägung der Gesamtpartei". Die AfD will sich dagegen juristisch zur Wehr setzen.
Eine hochproblematische Kombination
Das Problem, dass Polizisten auch AfD-Mitglieder sind, wird nicht erst seit der Hochstufung der Partei durch den Verfassungsschutz diskutiert. Bereits vor einem Jahr nannte der Polizeibeauftragte Uli Grötsch diese Kombination "hochproblematisch". Aus seiner Sicht müssen Polizeikräfte vor allem im Umgang mit Rechtsextremismus stärker sensibilisiert werden. "Sie müssen erkennen, wenn ihnen von Rechtsextremen Botschaften untergejubelt werden sollen. Sie müssen wissen, warum die das machen. Und sie müssen damit umgehen können", sagte der SPD-Politiker damals dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Das seien Fähigkeiten, "über die jede und jeder, der bei der Polizei in Deutschland arbeitet, verfügen muss".
Eine Polizeistudie aus dem vergangenen Jahr stellte fest: 15 bis 20 Prozent der befragten Bediensteten hätten sich bei der Befragung "chauvinistisch" und fast jeder dritte der Teilnehmenden habe sich "abwertend gegenüber Asylsuchenden" geäußert.
Aktuell laufen gegen mindestens 193 Polizeibeamte der Länder Disziplinarverfahren oder Ermittlungen wegen Verdachts auf eine rechtsextremistische Gesinnung oder Verschwörungsideologie. Das geht aus einer Abfrage von "Stern" und RTL bei den Innenministerien aller 16 Bundesländer hervor. Die tatsächliche Zahl dürfte deutlich höher liegen, da Nordrhein-Westfalen, Berlin und Mecklenburg-Vorpommern keine eindeutigen Zahlen liefern konnten. So melden Nordrhein-Westfalen und Berlin derzeit zwar jeweils rund 80 Disziplinarvorgänge in Bearbeitung, diese sind aber nach eigenen Angaben nicht in politische Kategorien wie "rechts" oder "links" eingeordnet.
Seit dem Jahr 2020 standen oder stehen den Recherchen zufolge insgesamt mehr als 570 Polizeibeamte unter Rechtsextremismus-Verdacht. "Jeder Fall ist hier ein Fall zu viel", sagte Bayerns Innenminister Herrmann "Stern" und RTL. Ähnlich äußerte sich auch Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul: "Extremistische Ansichten haben bei uns keinen Platz. Wer das nicht versteht, fliegt raus!"
Beamte aus dem Dienst entfernen?
Könnten Beamte, die Mitglied in der AfD sind, tatsächlich aus dem Dienst entfernt werden? Ganz so einfach ist es laut der "Tagesschau" nicht. Beamte haben eine besondere Treuepflicht gegenüber dem Staat. Sie müssen aktiv für die freiheitlich-demokratische Grundordnung eintreten und dürfen ihr nicht neutral gegenüberstehen oder sie gar bekämpfen. Um einen Beamten aus dem Dienstverhältnis zu entfernen, reicht es nicht, einfach nur auf die Bewertung des Verfassungsschutzes zu verweisen. Sondern es wird eine Gesamtbetrachtung vorgenommen, bei der die Persönlichkeit, die konkrete Tätigkeit, die Stellung des Beamten und die Schwere des Dienstvergehens einfließen.
Als Dienstvergehen müsste in so einem Verfahren dann die Mitgliedschaft in der AfD geprüft werden. Dabei spielt es aber auch eine Rolle, ob der jeweilige Beamte Ämter in der Partei bekleidet und wie genau er sich in dieser Funktion verhält. Es gibt also auch hier keinen Automatismus, dass alle verbeamteten AfD-Mitglieder gehen müssen. Außerdem kann die AfD diese Einstufung noch gerichtlich überprüfen lassen. Sollte sie keinen Bestand haben, würde das die Situation wieder ändern.