
Beim Familiennachzug nach Deutschland scheiten viele Ehepartner an fehlenden Deutschkenntnissen. Die Ampel-Koalition wollte die Sprachniveau-Anforderung eigentlich abschaffen. Doch kam es dazu nicht, was auch Folgen für den Nachzug haben könnte.
Für den Nachzug von Ehegatten nach Deutschland hat das Auswärtige Amt im vergangenen Jahr weniger Visa erteilt als im Jahr zuvor. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine parlamentarische Anfrage der Linken hervor. Danach erhielten 2024 rund 72.500 Ehegatten ein solches Visum, nach rund 77.200 solcher Visa im Jahr zuvor.
Eine Hürde für Menschen, die ein solches Visum beantragen, ist das Sprachniveau A1, das die meisten von ihnen dafür nachweisen müssen. Ausnahmen gibt es unter anderem für Menschen mit Hochschulabschluss sowie für Angehörige von Asylberechtigten und Flüchtlinge nach der Genfer Konvention. Für Letztere gilt das aber nur, wenn der Antrag in den ersten drei Monaten nach der Anerkennung als Flüchtling gestellt wird und die Ehe schon vor der Einreise bestand. Außerdem existieren Ausnahmen, wenn jemand krank ist, sowie eine Härtefallregelung.
Nach Auskunft der Bundesregierung haben im vergangenen Jahr 62 Prozent der Menschen, die mit dem Ziel des Ehegattennachzugs an einer Deutsch-Prüfung teilnahmen, diese bestanden. In den Jahren zuvor lag der Wert etwas höher - im Jahr 2023 bei 65 Prozent. Wer Deutsch auf dem Sprachniveau A1 spricht, kann sich in einfachen Sätzen verständigen.
Die Linken-Innenpolitikerin Clara Bünger hält die aktuellen Vorgaben für den Nachweis von Deutschkenntnissen für europarechtswidrig. Sie sagt: "Beim Nachzug zu Fachkräften gilt diese Schikane-Regelung nicht mehr." Bünger kritisiert überdies, dass die Bundesregierung ihr keine Daten dazu geliefert hat, in wie vielen Fällen die Härtefallregelung angewandt wurde.
Ampel-Koalition wollte Nachweis eigentlich abschaffen
SPD, Grüne und FDP hatten in ihrem Koalitionsvertrag 2021 festgehalten: "Zum Ehepartner oder zur Ehepartnerin nachziehende Personen können den erforderlichen Sprachnachweis auch erst unverzüglich nach ihrer Ankunft erbringen." Doch dazu kam es genauso wenig wie zur Umsetzung der damals formulierten Absicht, den Familiennachzug auch für Menschen mit eingeschränktem Schutzstatus ohne Beschränkung zu erlauben. Hier gilt nach wie vor ein Kontingent von 1000 Angehörigen pro Monat.
Die neue Bundesregierung hat angekündigt, den Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte komplett auszusetzen. Laut Bundesinnenminister Alexander Dobrindt von der CSU soll es dazu bald einen Kabinettsbeschluss geben.
Unter den Ausländern, die im vergangenen Jahr eine Aufenthaltserlaubnis zum Ehegattennachzug erhielten, waren syrische Staatsangehörige die größte Gruppe, gefolgt von Menschen aus der Türkei, Indien, dem Kosovo, Russland und dem Iran. Afghanische Staatsangehörige lagen auf Platz 16 der Liste. Den Angaben zufolge wurden für nachgezogene Ehegatten aus Afghanistan 2024 insgesamt lediglich 1395 Aufenthaltserlaubnisse ausgestellt, obgleich Afghanistan schon länger zu den Hauptherkunftsländern von Asylbewerbern zählt.
"Privilegierter Ehegattennachzug"
Wer seinen Partner oder seine Partnerin zu sich nach Deutschland holen möchte, muss genügend Wohnraum und Einkommen nachweisen. Bei Ausländern, deren Ehegatten ein Visum für den dauerhaften Aufenthalt beantragen, ist außerdem ein gültiger Aufenthaltstitel Voraussetzung.
Beim sogenannten privilegierten Ehegattennachzug entfallen neben der Verpflichtung zum Nachweis einfacher deutscher Sprachkenntnisse auch die Voraussetzungen über ausreichend großen Wohnraum und die Sicherung des Lebensunterhalts ohne staatliche Hilfe. Das gilt für anerkannte Flüchtlinge und Asylberechtigte sowie aktuell auch noch für diejenigen subsidiär Schutzberechtigten, die ihre Ehepartner zu sich holen können. Für diese Menschen mit eingeschränktem Schutzstatus gilt derzeit noch das Kontingent von insgesamt maximal 1000 Angehörigen pro Monat, die über den Familiennachzug kommen dürfen. Die neue Koalition will den Familiennachzug für diese Gruppe demnächst ganz aussetzen.