Rede von Peter Meier beim Festakt im Rathaus zum 125. Geburtstag des FCN

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Foto: Sportfoto Zink
Ich darf meinen Vorrednern herzlich danken
  • dem Oberbürgermeister der Stadt Nürnberg, Marcus König
  • und dem Ministerpräsidenten des Freistaates Bayern, Markus Söder.
Wir freuen uns und danken auch sehr, 
  • dass wir diesen Festakt heute hier feiern können.
  • dass wir zusammen ein Jubiläumswappen kreieren konnten und
  • dass Sie unsere Stadt in Rot und Weiß erstrahlen lassen – überall wehen Club-Fahnen, an Nürnbergs Wehrtürmen, Bussen und Bahnen und überall hängen unsere Plakate. Danke. 
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,
sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
liebe Gäste,
lieber Ehrenpräsident,
liebe Ehrenmitglieder, Mitglieder und Fans,
werte Vertreterinnen und Vertreter von Sponsoren,
liebe Mannschaften, aktuelle und ehemalige Spieler, Trainer, Funktionäre,
Mitarbeitende und 
Medienvertreter,

wir wären heute nicht hier ohne Sie – unsere Wegbegleiter. 
Der Club braucht die Treue seiner Partner.

Wir begrüßen ganz herzlich zum Festakt die Mitglieder des Nürnberger Stadtrates und des Bayerischen Landtages, den Geschäftsführer der Deutschen Fußball Liga, Dr. Marc Lenz, den Präsidenten des Bayerischen Landessportverbandes Jörg Ammon und den Präsidenten des Bayerischen Fußball Verbandes, Christoph Kern.   Der Club braucht Menschen, die unsere ehrgeizigen Ziele unterstützen. Die an uns glauben. Deshalb geht mein besonderer Dank auch an unsere Ehrenmitglieder, Mitglieder und Fans, an die Menschen, die diesen Verein pflegen und prägen. Menschen, für die dieser Verein alles bedeutet.  Ich möchte unsere Sponsoren hervorheben, die uns nicht nur finanziell unterstützen, sondern partnerschaftlich mit uns durchs Club-Leben gehen. Wir danken Ihnen von Herzen!  Seit mehr als einem Jahr laufen die Vorbereitungen für das Club-Jubiläum. Alle Abteilungen des Vereins haben mit angepackt. Dafür sage ich unseren Mitarbeitenden aus der Geschäftsstelle ein besonders großes Dankeschön! Ihr tragt diesen Verein mit.  Überwältigend ist auch das Engagement unserer vielen Ehrenamtlichen. Wir verneigen uns vor euch mit großem Dank. 

Begrüßen möchte ich natürlich auch sehr herzlich unseren Ehrenpräsidenten Michael A. Roth. Guten Abend, lieber Herr Roth! 

Große Namen haben unser Trikot getragen: Unsere Meisterspieler von 1961 und 68, unsere Pokalsieger von 1962 und 2007, unsere U19-Meister von 1974.

Alle, die sich auf dem Feld für unseren FCN ins Zeug gelegt haben, die Aufstiege in die Bundesliga gefeiert und den Club dort zu Siegen geführt haben. Natürlich auch die Trainer, die ihre Mannschaften zu Aufstiegen geführt haben. Herzlich willkommen! 

Einen Spieler muss ich herausgreifen. Unseren erfolgreichsten: Max Morlock. Ich begrüße auf das Herzlichste zum Festabend die beiden Töchter Birgit Bussinger und Ursula Diehl von Max Morlock. Es ist uns eine Ehre! 

Am 11. Mai wäre Max Morlock 100 Jahre geworden und hätte sich – da bin ich mir sicher – sehr gefreut, dass wir, genau an diesem Tag den Fußballnachwuchs aus der Region mit einem Jugendfußballtag in den Mittelpunkt rücken.

Einen schönen Guten Abend auch meinen Vorgängern, den ehemaligen Aufsichtsratsvorsitzenden Klaus Schramm und Thomas Grethlein sowie dem ehemaligen Präsidenten Gerd Schmelzer. Und Franz Schäfer, der in diesem Verein fast jede Position innehatte und der letzte Präsident der Vereinsgeschichte war. 

Zu guter Letzt möchte ich meine Kolleginnen und Kollegen aus dem Aufsichtsrat und dem Vereinsbeirat begrüßen. Die Zusammenarbeit mit euch macht mir große Freude.

Liebe Cluberer, ich hab die letzten Tage und Wochen das gemacht, was vielleicht die meisten von euch gemacht haben: Ich hab in der Clubchronik, in der „Legende vom Club“ und – natürlich – im Panini-Album geblättert und mir schwarz-weiß Fotografien angesehen – bewusst aus der Zeit, die ich nicht selbst erlebt habe, also die Jahre vor 1960.    Mit dem überraschenden Ergebnis: Ich wollte in der Vergangenheit stöbern und hab was über die Gegenwart gelernt. 

Drei schwarz-weiß Fotografien haben mich besonders beschäftigt.  Drei Fotografien, die ich mir immer wieder angeschaut habe.  Ich habe ein Gefühl dafür bekommen, wie die Atmosphäre in den Anfangsjahren beim Club war. Sie haben auch etwas mit uns heute zu tun.  Und darüber möchte ich kurz reden.  Das erste Bild ist das allererste Mannschaftsbild vom Club.   Das ist eine Aufnahme von 1900. Es wurde auf der Deutschherrnwiese aufgenommen.  Erst kürzlich durfte ich mit vielen anderen genau an diesem geschichtsträchtigen Ort beim Herausputzen des Fußballplatzes bei unserem sozialen „Spielräume“-Projekt helfen. 

Im ersten Moment mögen die Spieler auf dem Bild vielleicht so goldig wirken, wie ihre Knickerbocker-Hosen.
Aber der Eindruck, dass die brav waren, täuscht.   Einen Fußballverein zu gründen, überhaupt Fußball zu spielen. Das war mal ein Akt der Emanzipation.
Fußball ist heute Volkssport. Damals war er umstritten.  Von reaktionären Kreisen im Kaiser-Deutschland wurde er als englische Krankheit verspottet und bekämpft. An Schulen war er teilweise verboten. Männer sollten turnen, um wehrtüchtig zu sein.

Liebe Turner, nichts gegen euren schönen Sport. Und heute ist das alles unverfänglich. Aber damals gab es eine Nähe zum Militärischen. Nicht umsonst ist es ein Sport, bei dem man nach klarer Vorgabe und genauer Anleitung Übungen ausführt.   
Der Fußball – zuerst Gymnasiasten-Sport, wurde schnell zum Breitensport. In den 1920er Jahren Teil der Arbeiterbewegung und somit Teil der Demokratiegeschichte.   Männer wollten nicht mehr nach Befehlen ihren Bewegungsdrang ausleben und ihre Freizeit organisieren.
Sondern sie wollten frei sein. Und das geht im Fußball und im Fußballverein am besten.  Dieser Trotz und dieser Stolz, die stecken auch in diesem Bild und diesen gestreiften Trikots.

Und dann bin ich auf ein Bild gestoßen, da bin ich länger hängengeblieben.  Das seht ihr hier. Das ist die Mannschaft von 1907. Und wieder sehe ich eine Fußballmannschaft, deren Namen man nicht mehr kennt.
Und wieder denke ich im ersten Moment, mein Gott, ist das lange her. Sticht Ihnen der Typ links auch als erstes ins Auge? Darf ich vorstellen: Theo Haggenmiller. Das habe ich mir von Bernd Siegler sagen lassen. Danke, Bernd.  Und dann begegnet mir dieser Herr Haggenmiller doch tatsächlich wenige Tage später in einem historischen Artikel über den Club in den Nürnberger Nachrichten. Wer ausführlicher etwas über ihn nachlesen will, dem sei die tolle Club-Chronik der NN empfohlen!  Mein Blick bleibt an ihm hängen. Und auf einmal denke ich, der strahlt etwas Besonderes aus.
Lässigkeit. Selbstbewusstsein. Mir kann keiner was.  Und dann schweift mein Blick auf die andere Seite. Da steht einer so ähnlich da. Beide Hände in den Hüften. Offensiver Blick in die Kamera. Ludwig Philipp heißt der. Er war sogar der erste Nationalspieler des Club und sogar der erste Nationalspieler Bayerns. Danke, Bernd.   Der kommt mir auch vor wie einer mit einem starken Charakter. Heute würde man sagen: mit einem starken Ego.

Und dann denke ich so: Wer weiß, wie die Herren Haggenmiller und Philipp miteinander ausgekommen sind? Man kennt sie doch diese Typen. Nicht zufällig stehen sie am weitesten auseinander.

Wahrscheinlich waren das der Linksaußen und der Rechtsaußen, denke ich mir. Und dann habe ich gegoogelt: Und es stimmt. Es waren zwei Stürmer.   Man kann sich schon gut vorstellen, dass die zwei sich auch mal in die Haare kriegen.
Man kann sich aber auch vorstellen, dass sie mit ihren Mitspielern die Fürther zerlegt haben.  
Und wisst ihr was: Genauso war es!  In der Chronik steht 4.11.1906 Hinspiel in Nürnberg 7:4 und 9.12.1906 im Rückspiel in Fürth 6:3.
Also 7:4 und 6:3 im Derby – so viel verändert hat sich gar nicht zu heute!

Was uns die Bilder lehren: Das, was uns mit dieser Gründungszeit verbindet, das sollten wir nie vergessen.
Und heute zu unserem feierlichen Festakt ist ein guter Tag, um daran zu erinnern.

Auf diesem Bild sehe ich 11 Männer. Alle unterschiedlich. Alle Individuen. Aber mit einem Ziel, mit denselben Motiven. Heute würde man sagen Purpose:
  • Drang nach Freiheit,
  • sich selbst ausleben,
  • sein Talent einbringen für die Farben, die man trägt. Als Mannschaft, als Einheit, aufzutreten und
  • Fußball zu spielen, dieses freie Spiel.
Das ist es, was uns diese Bilder und Chroniken erzählen.

Das mag alles lang zurückliegen, die Bilder sind vergilbt.
 
Aber: Was wir sind, ist, was wir waren.

Das sind unsere Pioniere. Wir stehen auf ihren Schultern.  Wir führen es in ihrem Sinne fort. Und deswegen heißt man uns einen Traditionsverein. Komme ich zum dritten Bild: Wir alle kennen diese Zeit, ich muss euch das nicht vorbeten.
Heute ist ein fröhlicher Tag und wir müssen es nicht vertiefen.
Wir wollen es aber auch nicht übersehen.
Es gehört auch zu unserer Geschichte.

100 Hitler-Pimpfe holen am 20. April 1940 für die „Metallspende des Deutschen Volkes“ öffentlichkeitswirksam alle bisher beim Club angesammelten Siegespreise, Pokale und Medaillen aus dem Club-Vereinsheim.
Sie werden eingeschmolzen und zu Waffen gemacht.
Auf dem Bild sieht man was Anderes als Freiheit, Individualität und Spiel.
Auf dem Bild sieht man Gehorsam, Untertanengeist, den nahenden Untergang und millionenfachen Tod.
Ich weiß, und deshalb fühle ich mich so wohl hier, in diesem Saal in Nürnberg ist niemand, dem das keine Mahnung ist. Es gibt noch ein viertes Bild. Das ist ein Screenshot aus einem Film. Ich hab ihn gesehen und ihr solltet es auch alle.
„Aura einer Legende“ heißt der Film, an dem Mitglieder unserer aktiven Fanszene maßgeblich beteiligt waren. Ab 5.5. im Cinecitta. Und auf DVD erhältlich!
Besonders an eine Szene erinnere ich mich lebhaft.  
Die Begeisterung in den Augen der Fans und Club-Mitarbeitenden, die den Gründungsmoment unseres Vereins originalgetreu nachspielen.
In einem Gasthaus, das wie die „Burenhütte“ aussieht, wo unser schöner Club gegründet wurde. Mit Schiebermützen, wie sie später Stuhlfauth zwischen den Pfosten getragen hat.

Unsere Fans sind stolzer Teil unseres Traditionsvereins.  

Wir alle spüren und leben den Geist vom 4. Mai 1900.

Dieser Film, führt mich gedanklich wieder zurück in die Gründerzeit:

Zu den gestreiften Trikots – die derzeit bei unseren Fans wieder so sensationell ankommen – zu Theo Haggenmiller ganz links im Bild und zu seinen Torjägeraugen.

Natürlich sind die Zeiten heute anders und viele Dinge haben sich geändert.
Aber mir ist klargeworden: Wir haben doch viel mehr mit den Gründern gemeinsam, als uns oft bewusst ist.
Bitte liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, schauen Sie noch einmal genau auf das Bild:  
Was teilen uns unsere Gründer mit? Worum ging es ihnen?
Es ging ihnen um Spieltrieb, Bewegungsdrang, gewinnen wollen, Leichtigkeit.
Es ging ihnen aber auch um das, was wir heute Teilhabe, Chancengerechtigkeit, Diversität nennen.

Hier steht ein Team aus selbstbewussten Individuen.  Die sich im Fußball zusammengeschlossen haben und dort Werte gelebt haben, die ewig gültig sind.  
  • Zusammenhalt,
  • Gemeinschaft
  • Solidarität
  • Pluralität.
  • Freiheit. 
Wir alle kriegen es mit, das sind Werte, die heute in Gefahr sind.

Und jede Generation muss diese Werte verteidigen – auch das ist die Aufgabe von einem Fußballverein. Sonst verarmt er geistig.

Der Club ist für alle da. Ein Verein funktioniert nur, wenn alle mitmachen. Er darf sich nie vereinnahmen lassen.

Der Club ist Teil der Gesellschaft. Demokratisch. Wir handeln im Geiste unserer Verfassung.  Unser ehemaliger 1. Vorsitzender, der jüdische Rechtsanwalt Dr. Leopold Neuburger, verwahrte sich gegen nationalistische Tendenzen im Sport. Er definierte – genauso wie der jüdische Kicker-Herausgeber Walther Bensemann – den Fußball als „Mittel zur Völkerverständigung und zur Völkerversöhnung“.

Und das ist es, liebe Clubererinnen und Cluberer, was uns diese Fotografien mitgeben.

Feiern Sie schön!