Benedikt Kirsch: „In Buchbach oder Hankofen-Hailing wirst du zum Mann“

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fcn.de: Ende August 2023 kamst du an die Noris und hast seitdem alle 55 Pflichtspiele in Serie absolviert. Bei den ersten beiden Spielen in Rot-Schwarz wurdest du „nur“ eingewechselt, danach folgten 53 Startelf-Einsätze in Folge. Nicht schlecht für einen der „Routiniers“ der Mannschaft. Kirsch: Nicht schlecht, das stimmt. Aber ich muss auch sagen, dass ich viel dafür mache. Dafür gibt es auch die ein oder andere Sonderschicht, die es mir dann auch erlaubt jedes Spiel zu spielen und das auch meistens über die volle Distanz. Auch unser Trainer macht uns so fit, dass man jede Begegnung spielen kann. fcn.de: Nach über einem Jahrzehnt beim Nachbarn bist du vor fast zwei Jahren auf der richtigen Seite der Stadtgrenze angekommen. Wie fällt dein bisheriges Fazit zu deiner Zeit beim 1. FC Nürnberg aus? Kirsch: Das war bisher eine richtig coole Zeit. Ich wurde von der Mannschaft, dem Trainerteam und auch den Mitarbeitern im Verein super aufgenommen. Ich fühle mich hier einfach pudelwohl und es macht richtig Spaß beim Club. fcn.de: In einem früheren Interview hast du erzählt, dass Arturo Vidal durch seine kämpferischen und leidenschaftlichen Auftritte als dein Vorbild zählt. Diese Mentalität hast du auch in Nürnberg an den Tag gelegt. Unter uns – wie lange hat es bis zum ersten blauen Auge gedauert? Kirsch: Das waren glaube ich keine zehn Minuten (lacht). Bei meinem Debüt in Aubstadt habe ich mir gleich nach meiner Einwechslung und zwei motivierten Grätschen die erste gelbe Karte geholt. Kurz darauf gab es das Echo und ich hatte ein blaues Auge. Aber ja, Vidal hat tolle Eigenschaften die er auf den Platz bringt. Ich bin großer Fan von seinem aggressiven Spiel gegen den Ball. Er ist auf dem Feld absolut eklig, doch kann dazu auch noch richtig gut kicken. fcn.de: In Nürnberg erlebst du bisher zwei völlig unterschiedliche Spielzeiten. Während die U23 in der Vorsaison auf einem starken dritten Platz landete, fehlte der Mannschaft in der laufenden Saison des Öfteren das Spielglück. Wie bewertest du die Situation und ändert sich deine Rolle durch die Umstände – sind Fabian Menig und du als Leitwölfe nun mehr gefordert? Kirsch: Wir sind dieses Jahr nicht gut gestartet und laufen dieser Anfangsschwäche etwas hinterher. Die Jungs sind aber viel stabiler geworden und haben wahnsinnig große Schritte gemacht. Wir haben gar nicht so viele Spiele verloren, sondern hatten viele Unentschieden. Zuletzt ist es uns aber endlich gelungen diese Spiele auch zu ziehen und Siege einzufahren. Ich habe schon ein paar Jährchen auf dem Buckel und weiß worauf es ankommt. Wir müssen eine Stütze für die Jungs sein aber auch den Ernst der Lage erklären. In Kombination mit Fabi ist es sehr wichtig, dass wir viel mit den Kollegen reden. Wir müssen Ernsthaftigkeit an den Tag legen, dürfen jedoch auch nicht die Lockerheit verlieren damit sich die Talente weiterentwickeln können. fcn.de: Und wer von euch beiden ist strenger? Kirsch: Ich glaube das nimmt sich nicht viel (lacht). Fabi ist etwas ernster, ich versuche ein bisschen die Lockerheit aufrecht zu erhalten. In den meisten Punkten denken wir aber sehr ähnlich. fcn.de: Elf Jahre lang hast du dich durch ein NLZ gearbeitet und dich mit 15 Zweitliga-Spielen belohnt. Somit weißt du natürlich bestens Bescheid, worauf es ankommt und konntest die Erfahrungen, die deine Teamkollegen jetzt durchleben, bereits selbst sammeln. Welchen Vorteil ziehst du daraus? Kirsch: Ich war in der allergleichen Situation wie meine aktuellen Mitspieler, das hilft mir sehr. Ich habe gelernt, dass es nicht nur den einen Weg nach oben gibt, sondern dass es auch immer wieder gilt Rückschläge zu verarbeiten. Das muss man den Jungs auch bewusstmachen und da bin ich dann für die Gespräche bereit. Auch wenn es viele Spieler nicht hören wollen, aber die Spiele in der Regionalliga sind immens wichtig für die Entwicklung. Bei Begegnungen in Buchbach oder auch Hankofen-Hailing – da wirst du zum Mann. Da sammelst du die ersten Erfahrungen im Herrenfußball und kommst an. fcn.de: Nach deiner Zeit in Fürth folgten Stationen bei Türkgücü München und der SpVgg Bayreuth mit zwei Aufstiegen in die 3. Liga. Turbulente Jahre, oder? Kirsch: Ja, das waren Jahre voller Ups und Downs. Ich musste mir meine Spiele im Profibereich zwei Mal selber erarbeiten. Ich habe zwei Mal den Weg über die Regionalliga Bayern gewählt und mich und die beiden Mannschaften mit Aufstiegen belohnen können. Nach meiner Zeit bei Fürth wollte ich in München einfach nur so viel Spielpraxis wie möglich sammeln. Ähnlich war es dann auch bei der SpVgg Bayreuth und wir haben es glücklicherweise wieder geschafft aufzusteigen. fcn.de: Bei Bayreuth und Türkgücü stand der sportliche Erfolg immer an oberster Stelle, nun ist die Ausbildung und gezielte Entwicklung von Nachwuchstalenten die oberste Prämisse. Wie macht sich dieser Unterschied innerhalb einer Mannschaft bemerkbar und hast du dabei selbst auch eine andere Herangehensweise? Kirsch: Da ändert sich bei mir nicht wirklich viel. Ich bin der Meinung, dass wenn du als Mannschaft Erfolg hast, dann verbessern sich die einzelnen Talente umso schneller. Der ultimative Druck, den man bei Türkgücü oder Bayreuth hatte, dass man unbedingt aufsteigen muss, den haben wir hier zwar nicht, aber es ist dennoch unser Anspruch einen erfolgreichen Fußball zuspielen. Damit meine ich, dass das eine das andere nicht ausschließt. Unsere Jungen werden Fehler machen, sie dürfen Fehler machen und sie sollen auch Fehler machen. Das Entscheidende ist daraus zu lernen und dann die Spiele zu gewinnen, denn das ist das, was am Fußball so viel Spaß macht. fcn.de: Du hast die Entwicklung der Spieler auch schon angesprochen und diese positiv hervorgehoben. Ist das für dich ein schleichender Prozess oder gibt es diesen Moment an dem man merkt „Jetzt sind die Jungs da.“? Kirsch: Den großen Unterschied merkt man zwischen dem letzten Spiel vor der Winterpause und dem ersten Spiel danach. Die Jungs reifen, kennen die Liga und vor allem auch den Herrenfußball, da tut sich echt etwas. Natürlich macht das jeder in seinem eigenen Tempo, doch spätestens nach der Winterpause ist normalerweise jeder angekommen, das macht viel aus und dadurch fühlt sich das auf dem Platz auch viel sicherer an. fcn.de: Jetzt kommen wir zum aktuellen Geschehen: Ein umkämpftes Unentschieden gegen Vilzing, eine Niederlage beim offenen Schlagabtausch gegen die jungen Fuggerstädter und zwei knappe Siege über Aubstadt und Hankofen. Wie bewertest du den Restrunden-Auftakt? Kirsch: In meinen Augen war das ein ordentlicher Auftakt. Die Jungs haben einen großen Schritt gemacht. Wir sind mittlerweile an dem Punkt angekommen, dass wir die engen und schweren Spiele auch gewinnen und keine Last-Minute-Treffer mehr bekommen. Damit bin ich sehr zufrieden. In dieser Saison rotiert unser Personal durchgehend und das ist für uns nicht ganz einfach. Wir haben das jetzt aber gut angenommen und haben zuletzt zwei „Sechs-Punkte-Spiele“ gewonnen – darauf können wir stolz sein. fcn.de: Wohin geht die Reise in diesem Jahr? Kirsch: Wir haben es in der letzten Saison gesehen: Wir können in der Schlussphase nochmal eine tolle Serie starten und Erfolge feiern. Unsere Mannschaft ist ein gutes Stück weiter und hat sich über den Winter toll entwickelt. Mit den zwei Siegen im Rücken möchten wir jetzt einen Lauf starten und dann ist mit unserer Mannschaft alles möglich. Kurzfristig müssen wir den Abstand zur unteren Tabellenregion vergrößern und im Anschluss dann von Woche zu Woche nach oben klettern.