Meinung: Was bedeutet SteamOS?

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Ein Meinungsbeitrag über die zukünftige Entwicklung des Gaming unter Linux und wie wir das einordnen können.

Im letzten Beitrag zu SteamOS wurde der aktuelle Zustand von SteamOS erklärt. Nun soll es darum gehen, was diese Entwicklungen für die Zukunft bedeuten könnten.

Dies ist ein reiner Meinungsbeitrag und entsprechend subjektiv. Alle sind herzlich eingeladen, mitzudiskutieren. Tut das bitte wie immer engagiert, aber respektvoll. Herzlichen Dank!

Warum PC-Gamer nun in Scharen zu Linux wechseln

Die Industrie legt vor: Mit dem Lenovo Legion Go und vielleicht auch dem nächsten ASUS ROG Ally stehen nach dem SteamDeck zwei weitere Konsolen in den Startlöchern, die mit SteamOS ausgeliefert werden sollen.

Das setzt Hersteller von anderer Hardware, Treibern und Software unter Zugzwang: Sie werden eine möglichst hohe Kompatibilität zu SteamOS anstreben müssen, um ihren Kundinnen und Kunden reibungslose Cross-Plattform-Erlebnisse bieten zu können.

Auf diese Weise werden die noch bestehenden Hürden für Linux-Gaming nach und nach verschwinden. Hersteller von PCs und Laptops, aber vor allem ihre Kundinnen und Kunden, werden bald kaum mehr gute Gründe haben, warum sie für das vorinstallierte Betriebssystem ihrer Produkte Lizenzkosten an Microsoft zahlen sollen.

Mit dem Ende des Supports von Windows 10 werden sich deshalb Zehntausende Gamer gegen ein Win11-Upgrade entscheiden und stattdessen ein Linux installieren.

Warum Gaming unter Linux eine Nische bleibt

Das Ende von Microsofts Marktführerschaft bei Desktop-Betriebssystemen wurde schon oft herbeigeredet. Windows 95 hatte ein seltsames Ding namens "Startmenü", Windows NT war kein Produkt, sondern ein Zustand, Windows ME war langsam, Windows 8 stürzte dauernd ab und Windows 11 ist Spyware für Freiwillige.

Nur, eingetreten ist dieses Ende nie. Windows ist nicht einfach schlecht, es kann durchaus einiges. Und Unternehmen, Schulen und Behörden brauchen Jahre bis Jahrzehnte, um ihre im Microsoft-Ökosystem gewachsene Strukturen zu ändern. Wer im Schul- und Arbeitsalltag in diesem Ökosystem unterwegs ist, hat kaum einen Grund, sich auf dem heimischen Rechner neu zu orientieren.

Das Gedankenexperiment

Nehmen wir an, hunderttausende Gamer auf der ganzen Welt wollten - aus welchen Gründen auch immer - weg von Windows. Der grösste Teil von ihnen würde sich also mangels Alternativen, nicht aus Überzeugung, für Linux entscheiden.

Sie würden, wo immer es ihnen möglich ist, die bereits bekannten Programme statt der freien Alternativen nutzen. Sie würden sich an keiner FOSS-Community beteiligen. Lieber auf TikTok bleiben, statt sich einen Mastodon-Account anzulegen. Sie würden Ansprüche an die gewählte Distribution stellen, aber wohl kaum auch nur einen Franken spenden.

So betrachtet stellt sich die spannende Frage: Wäre die Linux-Welt für eine solche Entwicklung überhaupt bereit? Und noch wichtiger: Will sie das überhaupt sein?

Kein Entweder-oder

Linux hat sehr gute Chancen, sich auf dem PC-Handheld-Markt innert kurzer Zeit zum führenden Betriebssystem zu entwickeln. Sei es nun mit SteamOS oder Manjaro. Microsoft möchte zwar das XBox-Erlebnis ebenfalls auf Handhelds bringen (s. hier), liegt aber in der Entwicklung um Jahre hinter Valve zurück. Betriebssysteme für Mobile Devices sind einfach nicht die Stärke von Microsoft.

Auf dem Heim-PC-Markt ist allenfalls ein kleiner Anstieg der Marktanteile zu erwarten. Im besten Fall eine langsame, kontinuierliche Entwicklung über mehrere Jahrzehnte hin zu mehr Linux-Nutzerinnen und Nutzer.

Einordnung

Für Gamer unter Windows ist die aktuelle Entwicklung eindeutig positiv: Sie haben beim heimischen Betriebssystem endlich eine Wahl! Wenn sie auch für immer beim bisherigen Betriebssystem bleiben, ist das das Ergebnis einer Entscheidung - nicht der Alternativlosigkeit.

Bestehende Linux-Gamer profitieren ebenfalls: Proton und Vulkan entwickeln sich weiterhin rasant. Die Spielehersteller werden das registrieren und versuchen, ihre Titel kompatibel zu veröffentlichen.

Und für die Menschen in der "Linux-Welt" wird das ebenfalls kein Problem sein. Ich habe bis vor Kurzem massiv unterschätzt, wie enorm breit die Meinungen gestreut sind: Manche werden die Entwicklungen super finden, andere überhaupt nicht - unabhängig davon, welche Entwicklungen das sein werden. Doch wir alle, inklusive der noch-nicht-Linux-User, werden unsere Räume finden, in denen wir uns wohlfühlen werden und Linux ganz genau so nutzen können, wie wir es möchten.

Freie Software kann uns niemand wegnehmen. Freuen wir uns auf die Zukunft!

Quellen:

Letzter Beitrag zum Thema: https://gnulinux.ch/steamos-mehr-als-nur-ein-weiteres-derivat

OrangePi Neo mit Manjaro: https://www.gamingonlinux.com/2025/01/orangepi-neo-gaming-handheld-with-manjaro-linux-now-due-out-in-q1-2025/

Microsoft und Handhelds: https://rectifygaming.com/microsoft-reveals-its-push-for-handheld-also-includes-bridging-windows-pc-xbox/


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